■ Wie die UNO in Somalia herrscht: Aggressiv, gewalttätig und oft rassistisch: So beurteilt die in London ansässige Menschenrechtsorganisation "African Rights" den Umgang der UNO-Soldaten in Somalia mit der einheimischen Bevölkerung...
Daß die UNO-Blauhelmsoldaten in Somalia sehr viel aggressiver vorgehen, als man es von Friedenstruppen bisher gewohnt war, erschloß sich der Weltöffentlichkeit erst, als im Juni der noch andauernde Krieg zwischen der UNO und Clanführer General Farah Aidid um die Kontrolle der somalischen Hauptstadt Mogadischu begann. Die Kriegshandlungen haben bisher weit über 100 Zivilisten das Leben gekostet und die UNO-Mission insgesamt in Frage gestellt. Am 30. Juli legte die in London ansässige Menschenrechtsorganisation „African Rights“ einen Bericht über das Verhalten der UNO- Truppen in Somalia vor, der eine Reihe massiver Übergriffe dokumentiert und aus dem auf dieser Seite Auszüge erscheinen.
Der Bericht konstatiert „agressives, gewalttätiges und oftmals rassistisches Verhalten der UNO- Truppen“ und kritisiert, daß keine regulären Beschwerdeinstanzen bestünden, an die sich geschädigte Somalis wenden könnten. Als Ergebnis „wächst die Bitterkeit und die Verärgerung“. Unosom sei für die einfachen Somalis – deren Erfahrungen kaum ein Ausländer teile – „eine Besatzungsarmee geworden“. Der Bericht entstand eigentlich als Nebenprodukt anderer Arbeit. Alex de Waal, Mitgründer von „African Rights“, befand sich von Anfang Juni bis zum 10.Juli zusammen mit Rae McGrath von der Minenräumorganisation „Mines Advisory Group“ in Somalia auf Erkundungsmission, um Informationen über Agrarentwicklung, die Situation von Flüchtlingen und die Lage von Landminen zu sammeln. „Die Übergriffe“, so der Bericht, „waren so offenkundig und behinderten dermaßen die Arbeit der Missionen, daß sie nicht ignoriert werden konnten.“
Die schärfste Kritik wendet sich gegen die in Kismaju stationierten Belgier: „Somalis zittern vor Furcht, wenn belgische Soldaten sich ihnen nähern“, heißt es. Lob gab es für die bis zum Mai in Belet Huen stationierten Kanadier, die Übergriffe ihrer Soldaten penibel untersucht hätten, und die in Bardera stationierten Soldaten aus dem südafrikanischen Botswana, die sich unter die Bevölkerung gemischt und dadurch das Vertrauen der Somalis gewonnen hätten.
Konsequenterweise waren auch die belgischen Reaktionen am schärfsten. Alex de Waal berichtet, ein belgischer Kommandant aus Kismaju habe ihn in einer Radiosendung der Parteilichkeit und Übertreibung beschuldigt und behauptet, seine Ehefrau – die nie in Somalia war – sei Mitglied der Aidid-Bürgerkriegsfraktion. UNO- Generalsekretär Butros Ghali hat demgegenüber eine Prüfung der Vorwürfe zugesagt. D.J.
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