Widerstandsfähig gegen Trump: Neue Zölle machen Weltwirtschaft weniger aus als erwartet
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) prognostiziert ein leichtes Wachstum im kommenden Jahr – trotz zahlreicher US-Zölle.
afp | Die wirtschaftlichen Auswirkungen der US-Zölle und der politischen Instabilität sind geringer ausgefallen als erwartet. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigte ihre Prognose von 3,2 Prozent für das globale Wachstum im laufenden Jahr. „Die Weltwirtschaft war in diesem Jahr widerstandsfähig, trotz der befürchteten Verlangsamung mit Blick auf zunehmende Handelshemmnisse und erheblicher politischer Unsicherheit“, heißt es in dem am Dienstag in Paris vorgestellten OCED-Bericht. Im kommenden Jahr gehen die Experten von einem Wachstum der Weltwirtschaft um 2,9 Prozent aus. Erst 2027 wird ein Anstieg auf 3,1 Prozent erwartet.
Energiepreise belasten Deutschland
Deutschland verzeichnet nach dem OECD-Bericht 2025 nur ein bescheidenes, unverändertes Wachstum von 0,3 Prozent. Dieses soll 2026 auf ein Prozent ansteigen. Die deutsche Wirtschaft werde durch eine schwache Auslandsnachfrage und die hohe Unsicherheit belastet, heißt es in dem Bericht. Da die Energiepreise noch immer höher sind als vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs seien, die energieintensiven Branchen besonders betroffen.
Die Exporte aus Deutschland würden ihrerseits durch zunehmenden Handelsprotektionismus und steigende Konkurrenz aus China belastet. Öffentliche Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur dürften allmählich zunehmen, von 3,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) in 2025 auf 3,5 Prozent in 2027. vDie OECD plädiert dafür, die öffentliche Auftragsvergabe in Deutschland zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Zudem müsse die öffentliche Verwaltung schneller digitalisiert werden.
Handelsabkommen wirken
Als Gründe für die Widerstandskraft der Weltwirtschaft wird unter anderem die Vorbereitung auf die US-Zölle genannt: Die Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump hatten zunächst für steigende Importe in die USA gesorgt. Dies habe sich inzwischen wieder abgeschwächt. Für die USA rechnet die OECD mit einem Wachstum von zwei Prozent im laufenden Jahr und 1,7 Prozent in 2026. Das sind jeweils 0,2 Punkte mehr als in der vorigen Prognose.
Durch die zahlreichen Handelsabkommen, die die USA mittlerweile unterzeichnet haben, habe der effektive Zollsatz auf Importe Ende November bei 14 Prozent gelegen. Im Juni seien es noch 15,4 Prozent gewesen. In der Eurozone wird für 2025 ein Wachstum von 1,3 Prozent erwartet, ein Anstieg um 0,1 Punkte. 2026 wird mit einem Wachstum von 1,2 Prozent gerechnet.
Ausblick fragil
Der Ausblick sei jedoch fragil, betonen die Experten. Eine weitere Zunahme der Handelsbarrieren, insbesondere bei kritischen Produkten wie etwa seltenen Erden, könnte der der globalen Produktion erheblichen Schaden zufügen. Der KI-Branche drohen nach Einschätzung der Experten abrupte Wertverluste, da optimistische Erwartungen zu sehr hohen Vermögensbewertungen geführt hätten. Ein weiteres Risiko bestehe in „fiskalischen Schwachstellen“, die zu einem Anstieg der Renditen für Staatsanleihen führen könnten.
Angesichts des verstärkten Protektionismus und der politischen Unsicherheit plädiert die OECD für die Umsetzung „ehrgeiziger Strukturreformen“, um das Wachstum zu unterstützen. Dazu zählten insbesondere Maßnahmen, die Innovation und Produktivität fördern. „Ein konstruktiver Dialog zwischen Ländern ist entscheidend, um eine dauerhafte Lösung für Handelskonflikte zu gewährleisten und die wirtschaftlichen Aussichten zu verbessern“, heißt es in dem Bericht. Gut funktionierende, offene globale Märkte bedeuteten bessere Lebensstandards und stärkeres Wachstum.
Die OECD mit Sitz in Paris berät die Industrieländer in wirtschaftspolitischen Fragen und veröffentlicht regelmäßig Prognosen zur Weltwirtschaft.
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