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Archiv-Artikel

buchtipp Widerrede

44 Lügen über Ausländer. „Die meisten deutschen Aussiedler haben nicht mehr vorzuweisen als einen Deutschen Schäferhund. Aber sie wollen behandelt werden wie richtige Deutsche“, lautet Lüge Nummer 6. Ganz verbreitet ist Lüge Nummer 10: „Die meisten Asylbewerber kommen doch nur hierher, um sich auf Kosten der Allgemeinheit ein schönes Leben zu machen. Die rühren keinen Finger, und die deutschen Steuerzahler müssen sie durchfüttern.“ Dass ein Arbeitsverbot für Asylbewerber besteht, das seit 2001 etwas gelockert ist, wird nicht berücksichtigt. Auch nicht, dass darüber hinaus eine Vorrangprüfung besteht, die besagt, dass Asylbewerber nur einen Arbeitsplatz annehmen dürfen, für den nachweislich kein Deutscher oder Europäer zu Verfügung steht.

Vorurteile und Lügen bauen nicht auf Tatsachen, sondern auf Ressentiments. Sie sind nicht logisch, sondern emotional. Und kaum jemand hat sich bislang die Mühe gemacht, die gängigen Vorurteile über Ausländer systematisch zu zerpflücken.

Das Buch „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg!“ – Rechtsradikale Propaganda und wie man sie widerlegt“ listet rechtsradikale Vorurteile über Ausländer auf, von denen man viele in ihrer populären Ausgabe auch an deutschen Stammtischen findet. Das Buch hinterfragt sie mit Zahlen, Daten, Fakten und dröselt die Vorurteile auf, indem es sie auf ihre Inhalte überprüft. Um die Menschen hinter den Fakten sichtbar zu machen, arbeitet es mit einer zweiten Ebene, mit Aussagen von hier lebenen Migranten zu ihrer Situation. Mit Randbemerkungen zu Einzelschicksalen: „Wenn ich auf Arbeit bin“, erzählt ein Afrikaner, „sieht es so aus, als ob ich mit den Leuten gut zurechtkomme. Aber wenn dann irgendetwas passiert, sind plötzlich alle gegen mich. Ich weiß nicht, ob das zum Beispiel ausländischen, weißen Leuten auch so geht, ich selbst denke, die Leute verhalten sich so, weil ich schwarz bin.“

Und um zu zeigen, dass Ausländerfeindlichkeit kein akademisches Problem ist, laufen kleine Tickermeldungen zu ausländerfeindlichen Übergriffen durch das Buch mit. Eine Adressenliste im Anhang mit Links ist für die weitere Rechereche und zur Vertiefung hilfreich.

Das Buch ist sehr übersichtlich und klar strukturiert, sachlich und faktenreich in der Auseinandersetzung. Es ist ein Wegweiser durch den Dschungel populärer Vorurteile mit hohem Gebrauchswert für Journalisten, Lehrer, den Schulunterricht oder für alle, die sich mit interkultureller Kommunikation beschäftigen. Es bringt Licht in den Sumpf der dumpfen rassistischen Vorurteile, die nur allzu schnell von der rechten Ecke in die gesellschaftliche Mitte wandern. EDITH KRESTA

Jens Lanig, Marion Schweizer: „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg! – Rechtsradikale Propaganda und wie man sie widerlegt“. Verlag an der Ruhr, 246 S., 13,80 €