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■ Wider die Glorifizierung der FPÖ-DissidentenNational und liberal

Es scheint beinah wie ein letztes, aber um so grelleres, sozialliberales Wetterleuchten: Heide Schmidt, nach Jörg Haider prominentestes Mitglied der FPÖ, geht von Bord des letzten rechtslastigen Schiffes. Mit ihr verlassen vier der letzten Unentwegten die Parlamentsfraktion; ein paar prominente Mitglieder, die schon im Vorjahr ihrer Funktionen verlustig gingen, werden folgen.

Wie so oft trügt auch hier der Schein: Ihren liberalen Nimbus konnten sich Schmidt und Genossen erst im Windschatten des rechtspopulistischen Parteichefs zulegen. Allesamt Mitstreiter oder Zöglinge Haiders, heftete man ihnen, nach den ersten offenen Konflikten mit dem Vormann, das Etikett eines negativ formulierten Liberalismus an, frei nach dem einfachen Motto: FPÖler, die mit Haider streiten, sind liberal.

Die Aufsehen erregenden Dissidenten sind wie Haider in der national-liberalen Geschichte ihrer „Dritten Kraft“ – ein seit der Jahrhundertwende gängiger Terminus – verwurzelt, deren Liberalismus immer nur wirtschaftlich und staatsfern definiert war, und deren Nationsbegriff immer ein großdeutsch orientierter war. So kritisiert Heide Schmidt – wenn wir einmal von ihrer couragierten Opposition gegen Haiders Anti-Ausländer-Volksbegehren absehen – zuvorderst den wirtschaftsschädlichen Anti-EG-Kurs des Parteichefs und dessen aggressiven politischen Stil. Und Friedhelm Frischenschlager, ihr prominentester Gefährte auf dem Weg aus der FPÖ, beklagte jüngst, daß das Konzept des Konsenses, das „auf politische Integration des dritten Lagers“ ausgerichtet war, seit Haider passé ist.

Der großdeutsche National-Liberalismus war immer, beinah ein Jahrhundert lang, wohlgelittener Teil des politischen und gesellschaftlichen Establishments Österreichs, eine Positionierung, die durch die Realisierung der großdeutschen Aspirationen durch Hitler zwar beschädigt, aber nicht völlig ruiniert worden war. Erst Haider, der die Partei auf Totalopposition trimmte, und der sein Lager zuerst koalitionsunfähig, zuletzt – durch sein unsägliches Volksbegehren – vollends zum Aussatz machte, zerriß diese Bande. Seine Orientierung auf den rechten Pöbel entfremdet ihn den national-liberalen Eliten. Das ist letztlich die Wurzel des jetzigen Bruchs in der FPÖ. Das macht die jetzt Ausgetretenen, bei aller Wertschätzung ihres mediengerechten Tuns, aber noch lange nicht zu Exponenten eines modernen, sozial verantwortlichen Liberalismus. Robert Misik

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