What's hot, what's not: Evonna, Madita
■ Was gefällt Madonna an „Evita“: Geschmack in und um Hollywood
Antonio Banderas kennen Sie wohl, oder? Das ist der spanische Schauspieler, der kürzlich mit Melanie Griffith einen neuen Menschen zeugte und, wie die Kolumnistin Libby Gelman-Waxner es formuliert, immer so aussieht, als ob er Sex mit seinen Hosen hat. Antonio Banderas spielt neben – oder besser hinter? – Madonna in Alan Parkers Version von Andrew Lloyd Webbers „Evita“. Madonna hat sich seinerzeit bei der Vergabe um die Titelrolle gerissen – armes Mädchen aus dem Volk, das zu Ruhm und Reichtum gelangt, wenn das nicht ihre höchstpersönliche Angelegenheit wäre. „Die Menschen sehen Eva Peron als Heilige oder als Inkarnation des Satans – ich kann mich definitiv mit ihr identifizieren.“
Die zweite Halbzeit von „Evita“ wird vermutlich aus Close-ups von Madonnas Frisuren (elegant!!!), Make-up und dem Sarg bestehen, denn auch der beste Dior-Schnitt macht die coole Wampe einer siebenmonatigen Schwangerschaft nicht unsichtbar. Die Geburt von Madonnas Tochter Lourdes Maria Ciccone Leon, die einer beneidenswerten Zukunft als Erbin entgegensieht, war via Internet von heftiger Anteilnahme begleitet. Aufgekratzte Fans debattierten darüber, daß Madonna sich vor dem echten Gebären gedrückt hat und einen Kaiserschnitt vornehmen ließ. Auch der Name des Säuglings wurde rege kommentiert: „Hat Madonna das ,Kleine Vornamenbuch‘ von Demi Moore und Bruce Willis geliehen, hä?“ – „Blödmann! Ich liebe den Namen Lourdes, er paßt gut zu Madonna. Nun sollte Madonna aber auch ein nettes katholisches Mädchen sein und den Vater des Kindes (ihren Fitneß- Trainer Carlos Leon) heiraten.“
„Evita“ ist ein dickes Ding und startet am 25. Dezember in den USA. Der Film wurde bereits mit einer zehnminütigen Promo-Rolle in Cannes beworben, nach deren Ansicht ein ausgewähltes Publikum in einen zwanzigminütigen „Madonna!“-Jubel ausbrach. Doch der liebe Gott hat die Völker und Stämme dieser Welt eben verschieden erschaffen. Nach der Testvorführung in Los Angeles hieß es: „Das Schweigen danach war betäubend.“ Und: „Alles Gute, was man über ,Evita‘ gehört hat, bezog sich auf die Zehn-Minuten-Promo-Rolle, aber der einfache Mann auf der Straße weiß nichts davon. Er kommt nichtsahnend zur Testvorführung, und plötzlich trifft es ihn wie der Schlag, daß JEDER der Darsteller den GANZEN (!) Film hindurch singt! Joe Bloe (Hänschen Müller) ist darauf nicht vorbereitet!“ Vollkommener Unsinn, denn wir, die wir uns für Personen von einfachem Stand und Geschmack halten, lieben die Filme mit, sagen wir, Marilyn Monroe und Doris Day TROTZ der ganzen Singerei. Auch ich habe kürzlich die „Evita“-Rolle gesehen, und ich muß sagen, sie ist einfach wun- der-bar. Diese Werktätigen- Chöre, diese Menschenmassen auf der Straße, die erst zur Fahne aufblicken, die Evita trägt, und dann zum Sarg, in dem Evita ruht.
Kurzum, diese glutäugige Tragik eines Staates und seiner Symbolfigur, sie hat mich einfach an die DDR erinnert, und die Tränen, sie wollten nicht innehalten zu fließen ...
Die Weltpremiere von „Evita“ wird am 20. Dezember in Mailand stattfinden, was ich nur zu gerecht finde, denn wer wie die Amerikaner keinen Sinn für Eleganz hegt, was übrigens eine der unseligen Folgen der Demokratie ist, gehört nun einmal bestraft. Ich habe es über vier Jahre beobachten müssen: ein ganzes Volk in Shorts! Es lebe die Diktatur! Viva Dior! Viva Madita Peron! Anke Westphal
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