Wettbewerbshüter: EU-Kommission stoppt Ryanair
Neelie Kroes verbietet demonstrativ die geplante Fusion des Billigfliegers und einer anderen irischen Airline. Und provoziert so Frankreichs Präsident Sarkozy.
BRÜSSEL taz "Zurück an die Arbeit", hatte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes trotzig per Pressemitteilung angekündigt, kaum waren die letzten Regierungschefs vom Gipfel in Brüssel abgereist. "Ein Binnenmarkt ohne Wettbewerbskontrolle wäre eine leere Hülle." Diese Botschaft galt dem neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Denn dieser will den Einfluss der Europäischen Kommission auf die staatliche Industriepolitik beschränken und sorgte in den Gipfelverhandlungen in der vergangenen Woche dafür, dass "freier und unverfälschter Wettbewerb" aus den Zielbestimmungen der Union im neuen EU-Vertrag gestrichen wird.
Gestern machte Kroes klar, dass sie eine Schwächung der EU-Kommission als Hüterin des Binnenmarkts nicht kampflos hinnehmen wird. Sie verbietet den Zusammenschluss zwischen den beiden irischen Fluglinien Ryanair und Aer Lingus. Das neue Unternehmen würde 80 Prozent der vom Dubliner Flughafen aus startenden und dort endenden innereuropäischen Flüge abwickeln und damit auf 35 Strecken eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. "Ein solches Monopol ist nicht gut für die Verbraucher", begründete Kroes das ausgesprochene Fusionsverbot.
Unter Beobachtern ist diese Entscheidung umstritten, weil sich das Monopol nur auf ein kleines Marktsegment beziehen würde. Bezogen auf den gesamten europäischen Binnenmarkt hat Ryanair nämlich keine marktbeherrschende Stellung. Unternehmenschef Michael OLeary warf der Kommissarin deshalb vor, einen Feldzug gegen sein Unternehmen gestartet zu haben.
Kroes hingegen betonte, sie habe großen Respekt vor der unternehmerischen Leistung OLearys. "Ryanair hat in großartiger Weise den Wettbewerb in den Flugverkehr von und nach Irland gebracht." Das sei aber nur möglich geworden, weil die Kommission die gesamte Luftfahrtbranche liberalisiert und damit die Monopolstellung von Aer Lingus ins Wanken gebracht habe. Kroes gestand: "Ich liebe aggressive Wettbewerber - solange das Umfeld fairen Wettbewerb zulässt." Vorangegangene Fusionen wie die von Lufthansa und Swiss Air oder KLM mit Air France seien nicht vergleichbar, da diese Unternehmen von unterschiedlichen Flughäfen aus operierten.
Wann sie mit dem gern als "Napoleon" bezeichneten Nicolas Sarkozy das erste Mal die Klingen kreuzen und ihr Waterloo erleben werde, wurde Kroes von einem französischen Journalisten gefragt. Da gebe es keine Differenzen, versicherte die Kommissarin. Auch sie betrachte freien Wettbewerb oder den Binnenmarkt nicht als Wert an sich, sondern als Instrument, um den Bürgern gute Leistungen zu fairen Preisen zu garantieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!