: Westlast Vogel statt Altlast Duchac?
Erfurt/Bonn (taz/dpa) — „Ein Thüringer für Thüringen“ tönte die CDU 1990 im Wahlkampf. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident und Stasi-Clown Duchac ist dieser Spruch vergessen. Bernhard Vogel (CDU), früherer rheinland-pfälzischer Ministerpräsident, soll neuer Ministerpräsident in Thüringen werden. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung der CDU-Fraktion im Landtag in Erfurt, die am Montag abend über die Nachfolge von Josef Duchac entscheiden wollte. Der 59jährige Vogel wurde gestern in Bonn als „Konsenslösung“ gehandelt. Die Thüringer CDU-Spitze war zwecks Kandidatensuche zu Kanzler Kohl gereist. Bis zum Nachmittag lagen weder in Bonn noch in Erfurt offizielle oder inoffizielle Bestätigungen für Vogels angebliche Kandidatur vor. Bei der Unterredung im Bundeskanzleramt wurde dem Vernehmen nach Vogel als Kandidat für das ostdeutsche Ministerpräsidentenamt vorgeschlagen, sollte die Fraktion dieser „West-Lösung“ zustimmen. Vogel ist Vorsitzender der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Zuvor war er zwölf Jahre lang bis 1988 Regierungschef in Mainz, bevor ihn die CDU dort in die Wüste schickte. Bereits im Vorfeld des Treffens hatte sich die Auffassung verdichtet, einen Politiker aus dem Westen für das Spitzenamt in Erfurt zu suchen. Der neue Regierungschef müsse vor allem eine „Integrationsfigur“ sein, die zwischen den „Reformern“ und den Alt-Mitgliedern der CDU vermitteln könne, hieß es übereinstimmend in Parteikreisen.
Die Thüringer FDP erhob indessen bittere Vorwürfe gegen den Bündnispartner und warf der CDU ein „chaotisches Politmanagement“ vor. Zur Zeit gebe es ein „Nicht-Verhältnis“ zwischen beiden Koalitionsparteien, sagte der FDP-Landesvorsitzende und Fraktionschef Andreas Kniepert. Es gebe bisher noch nicht einmal einen Termin für Koalitionsgespräche. Die SPD im Thüringer Landtag forderte erneut vorgezogene Neuwahlen und kündigte einen neuen Mißtrauensantrag gegen die Regierung an.
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