: Westbank–Lager wieder offen
■ Streik in Ostjerusalem und Gaza hält an / Goulding: „Unerträgliche Situation“ / Kabinettsdebatte über die besetzten Gebiete / Die Mehrheit der Israelis befürwortet die Politik der „Eisernen Faust“
Jerusalem (afp/dpa/taz) - Die israelischen Truppen haben am Montag die Ausgangssperre für alle palästinensischen Flüchtlingslager in der besetzten Westbank aufgehoben. Etwa 200.000 Palästinenser in sieben Lagern im Gaza–Streifen dürfen allerdings auch weiterhin ihre Lager nicht verlassen. In Ostjerusalem sowie im Gaza– Streifen blieben fast alle Geschäfte und Betriebe aus Protest gegen die Besatzung weiterhin geschlossen. Der UN–Sonderbauftragte Goulding sprach am Sonntag vor seiner Abreise von einer „unerträglichen Situation“ in den besetzten Gebieten. Den Widerstand des palästinensischen Volkes gegen die Besatzung bezeichnete er als „beeindruckend“. Aber auch für Israel sei die gegenwärtige Situation „kompliziert“. Sowohl Außenminister Shimon Peres als auch Verteidigungsminister Jitzhak Rabin hätten die Existenz eines politischen Problems zugegeben, das auf politischem Wege gelöst werden müsse, erklärte Goulding, der seit dem 8.Januar im Auftrag des UNO–Generalsekretärs in Israel und den besetzten Gebieten unterwegs gewesen war. Auch 40 Tage nach dem Beginn der palästinensischen Revolte gibt es noch keine Ansätze zu einer politischen Lösung seitens der Koalitionsregierung, auch wenn sich vermehrt Politiker der Arbeiterpartei und des Likud–Blocks mit Vorschlägen zu Wort melden. Ministerpräsident Jitzhak Shamir sprach sich am Montag erneut für eine Autonomie der Palästinenser in den besetzten Gebieten und freie Wahlen aus, wie im Camp–David–Abkommen von 1979 vorgesehen. Der Likud–Politiker forderte zugleich die USA und Ägypten auf, Israel bei der Suche nach geeigneten palästinensischen Verhandlungspartnern behilflich zu sein. In den Reihen der Arbeiterpartei beginnen unterdessen einige Minister, weitergehende Fragen aufzuwerfen, die vielleicht im Laufe der Zeit lauter und deutlicher formuliert werden. Die Vorschläge von vorgezogenen Neuwahlen oder „unpolitischen“ Kommunalwahlen in der Westbank und dem Gaza–Streifen wurden allerdings am Sonntag auf der Kabinettssitzung von der Regierungsmehrheit der großen Koalition scharf zurückgewiesen. In der Minderheit bleiben Rufe nach Autonomie–Verhandlungen mit Palästinensern oder nach einem Abkommen mit dem jordanischen König Hussein. Nach einer Umfrage der Zeitung Haaretz befürworten über 46 Prozent der jüdischen Bevölkerung Israels das von Shamir und Rabin verschriebene Rezept einer Politik der „eisernen Faust“ in den besetzten Gebieten. Vierzig Prozent sprechen sich für noch härtere Maßnahmen aus. Sieben Prozent meinen, das Vorgehen der Armee gegen die Palästinenser sei „zu hart“.
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