: Werks–Schließung trotz guter Auftragslage
■ Trotz guter Wirtschaftslage im Kölner Bosch–Betrieb: Stuttgarter Konzern will Verpackungswerk im Arbeiterviertel Ehrenfeld schließen / 305 Beschäftigte bangen um ihren Job / Produktion soll nach Viersen verlegt werden, um die dortigen Kapazitäten auszulasten
Von Matthias Holland–Letz
Köln (taz) - „Hier geblieben“ heißt die Parole der 305 Beschäftigten von Bosch–Strunck im Kölner Stadtteil Ehrenfeld - die „Robert Bosch GmbH“ will ihr Verpackungswerk schließen, die gut gefüllten Auftragsbücher sollen drei anderen Bosch–Betrieben zugute kommen. Auf einer öffentlichen Betriebsversammlung am vergangenen Mittwoch in Köln legte der Betriebsratsvorsitzende Rolf Becker jetzt 11.000 Unterschriften vor: ArbeiterInnen, Ärzte, Lehrer, Schüler und Einzelhändler machen sich für den Erhalt des Werkes stark. Rolf Becker kündigte an, die Konzernspitze von Bosch sei erstmals bereit, eine Delegation des Ehrenfelder Betriebes zu empfangen. Am 11. April wollen die Belegschaftsvertreter in Stuttgart „deutlich machen, daß wir Alternativen haben“, erklärte Heinz Bierbaum, Wirtschaftsexperte des Frankfurter IG Metall–Hauptvorstandes, vor den rund 300 anwesenden MitarbeiterInnen im Ehrenfelder Kolpinghaus. Seit 1982, betonte Heinz Bierbaum, liege ein Bauplan für die Erweiterung des engen Werksgeländes vor. Mit einfachen Mitteln ließe sich dadurch der gesamte Betriebsablauf verbessern. Die dabei veranschlagten Kosten belaufen sich zwischen zwei und drei Millionen Mark. „Das kann praktisch aus der Portokasse bezahlt werden, meinte der Wirtschaftsexperte.“ Der Gewerkschafter erinnerte daran, daß Bosch–Strunck auf wirtschaftlich gesunden Füßen stehe. Allein 1987 sei der Umsatz um 40 Prozent gestiegen. Daß der Ehrenfelder Betrieb floriert, bestreitet die Zentrale in Stuttgart denn auch nicht. Allerdings, so ein Unternehmenssprecher, habe das Bosch–eigene Verpackungsmaschinenwerk im niederrheinischen Viersen nicht genügend Aufträge. Bosch wolle daher das Kölner Werk schließen, um die Kapazitäten der übrigen Betriebe besser auszulasten. Die 305 Beschäftigten sollen ihren Jobs dann hinterher reisen - nach Waiblingen oder Crailsheim (Baden–Württemberg), vor allem aber nach Viersen. Im Viersener Werk allerdings sind Bosch– Frauen und -Männer schon mal auf die Nase gefallen. 1983 habe der Stuttgarter Konzern sein Verpackungsmaschinenwerk in Bergisch–Gladbach bei Köln dicht gemacht, berichtete Rolf Becker der taz. Damals seien über 78 von 180 KollegInnen in Viersen übernommen worden. Becker: „Heute sind davon noch 25 beschäftigt.“ Er vermutet, daß auch das Viersener Werk bald liquidiert werden soll - damit Bosch seine Verpackungsmaschinen–Produktion mit verminderter Belegschaft ganz im schäbischen Musterländle konzentrieren kann. Die Betriebsräte sämtlicher Bosch–Betriebe des Bereichs Verpackungsmaschinen haben sich inzwischen gegen die Schließung des Ehrenfelder Werks ausgesprochen.
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