Werder-Sportdirektor Allofs über Bundesliga: "Es ist härter geworden"
Klaus Allofs, Manager von Werder Bremen, über verschärfte Konkurrenz in der Bundesliga und die Kopierwut der Mitbewerber um den Titel. "Wir müssen noch weniger Fehler machen", fordert er.
taz: Herr Allofs, haben sich die Verhältnisse in der Bundesliga durch die Erfolge der TSG Hoffenheim 1899 und des VfL Wolfsburg verschoben?
Klaus Allofs: Wir haben jedes Jahr Verschiebungen in der Liga, manchmal in kleinerem Rahmen, manchmal in größerem. Was wir feststellen können: Da gibt es einen Aufsteiger, der kein Abstiegskandidat ist, wie das sonst für Aufsteiger gilt, sondern eine sehr gute Rolle spielt. Dazu kommt das Projekt eines Clubs, der bislang nicht so auffällig gewesen ist: Wolfsburg hat, im Vergleich zur Vergangenheit, investiert. Dadurch verschieben sich in der Tat die Kräfteverhältnisse.
Was bedeutet das für Werder Bremen?
Wir hatten immer eine größere Gruppe von Mannschaften, die nun noch durch Hoffenheim und Wolfsburg ergänzt wurde, denn sie sind oben dabei. Im Moment gilt das auch noch für die Hertha, auch Leverkusen ist wieder mit dabei. Das sind nun mit Hamburg, Schalke und eigentlich auch Stuttgart sieben, acht Clubs, die um drei Plätze kämpfen.
Die kopieren ja auch alle ein wenig das Modell "Werder".
Hamburg spricht davon, Hannover auch. Alle wollen Kontinuität bei den Personen. Wenn man den Trainer zehn Jahre nicht wechselt und hat Erfolg damit, dann fragen sich alle, warum das nicht auch bei ihnen geht. Alle versuchen es mit einem relativ geringen finanziellen Risiko, da haben alle geschaut, wie es Bremen macht. Nur: Die anderen machen die guten Sachen nach, und die Sachen, die wir nicht gut machen, die verbessern sie auch noch. Das führt dann auch bei den anderen zu Erfolgen.
Wenn es alle wie Werder machen, wie kann Werder dann oben bleiben?
Wir müssen uns weiterentwickeln. Das gilt für alle Bereiche. Das Schwierigste ist, eine gute Leistung zu bestätigen. Das Jahr, als wir das Double holten, war das leichteste, das Jahr danach war der viel größere Erfolg.
Wo steckt das Innovationspotenzial im Bremer Modell?
In den Köpfen. Von der Lage her sind wir eingeschränkt, Wir können das Stadion nur eingeschränkt modernisieren. Wir sind in Bremen in manchem eingeschränkt, doch Potenzial gibt es in trotzdem in vielen Bereichen. Wir arbeiten heute nicht mehr wie vor fünf Jahren, weder mit den Spielern noch im wirtschaftlichen Bereich. In die Trainingsarbeit sind neue Dinge eingeflossen, wir arbeiten noch wissenschaftlicher, wir haben zusätzliche Trainer eingestellt. Nicht nur die anderen schauen bei uns ab, auch wir schauen, was die anderen machen, und fragen uns: Ist das sinnvoll für uns?
Wenn man mal von Formschwäche, Verletzungspech, Sperren, der schwierigen Vorbereitung, Glück und Pech und anderen eher zufälligen Entwicklungen in der bisherigen Werder-Saison absieht, dann sind doch die von Hoffenheim und Wolfsburg ausgelösten Verschiebungen für die Probleme von Werder entscheidend.
Ja. Die schärfere Konkurrenzsituation führt dazu, dass sie sich noch weniger Fehler erlauben können, dass alle noch mehr gefordert sind. Wie sich das letztlich auf Werder auswirken wird, kann man heute noch nicht beurteilen. Vergangenes Jahr hatten wir riesiges Verletzungspech und sind am Ende Zweiter geworden. Das wird diese Saison schwierig. Es wird immer schwieriger werden. Fünfmal hintereinander in der Champions League zu spielen bedeutet keine Sicherheit, da ist nicht so viel Substanz, nicht so viel Vorsprung entstanden, die über einen längeren Zeitraum halten. Sportlich müssen wir uns so aufstellen, dass man in der schwieriger gewordenen Konkurrenzsituation die sportlichen Ziele erreichen kann: Spieler halten, gute Spieler verpflichten. Das ist eine neue sportliche und wirtschaftliche Herausforderung.
Was ist, wenn Werder die gesteckten Ziele nicht erreicht?
Dann müssen wir uns zusammensetzen und fragen: War es eine außergewöhnliche Situation oder eine logische Entwicklung? War es eine außergewöhnliche Situation und wir sind weiter gut genug, dann können wir weitermachen wie bisher. Wenn es sich allerdings um eine logische Entwicklung handelt, dann müssen wir über Veränderungen nachdenken.
Woran würden sie eine logische Entwicklung ablesen?
Wenn man auf Dauer sieht, die anderen sind uns voraus. Wenn man überzeugt ist, dass der bisherige Weg nicht mehr die Chance bietet, erfolgreich zu sein, dann muss man reagieren. Ich weiß nicht, ob man dann genau den richtigen Zeitpunkt erwischt. Kann auch sein, man ist ein Jahr zu spät dran. Aber klar ist auch: Mehr Geld investieren bedeutet nicht zwangsläufig mehr sportlichen Erfolg. Entscheidend ist, das Geld sinnvoll einzusetzen.
Woher soll das Geld kommen?
Mit unserem bisherigen Modell sind wir gut gefahren. Wir haben den sportlichen Erfolg der vergangenen Jahre erreicht und stehen finanziell gut da, ohne dass wir Anteile des Vereins oder Rechte irgendwelcher Art verkauft haben. Aber: Wenn wir die Einnahmesituation verändern müssen, weil wir investieren wollen, dann brauchen wir dafür Lösungen: Da gibt es unter anderem auch das Modell, Aktienanteile zu verkaufen.
Wer wäre ein denkbarer Werder-Investor?
Einen Investor wie Hopp in Hoffenheim, Volkswagen in Wolfsburg oder Adidas bei Bayern München gibt es in Bremen nicht. Investor und Werder müssten zueinander passen, nicht unbedingt gleich geartet sein, das kann auch ein ergänzendes Verhältnis sein. Das, was Werder Bremen ausmacht, sollte auch beim Investor ganz oben stehen. Etwa Kontinuität.
Was werden die Werder-Mitglieder sagen? In Hamburg gibt es eine starke Opposition gegen den Plan, die Fußballabteilung auszugliedern.
Die Ausgliederung ist bei Werder ja bereits umgesetzt worden, und das zum Wohle des gesamten Vereins. Selbstverständlich wollen wir sportlichen Erfolg, allerdings nicht um jeden Preis. Wir dürfen die Identifikation mit Werder nicht gefährden.
Das wird nicht einfach.
Nein. Aber was ist im Moment schon einfach?
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