: Werben für Rußlands Vorbehalte
■ Jelzin verhandelt in Paris und New York über die russische Beteiligung an den Militäreinheiten, die den Frieden in Bosnien sichern sollen - und wettert weiter gegen die Pläne zur Osterweiterung der Nato
Washington/Paris (dpa/AFP) – Bei dem Treffen der Präsidenten Bill Clinton und Boris Jelzin werden heute der Bosnien-Konflikt und die Nato-Osterweiterung im Vordergrund stehen. Während der russisch-US-amerikanischen Begegnung in Hyde Park bei New York werden beide versuchen, einen Kompromiß über die Einbindung Moskaus in eine Streitmacht zur Sicherung eines Friedensabkommens in Bosnien zu finden.
Die USA lehnen ein geteiltes Kommando mit Rußland ab. Moskau wiederum will seine Soldaten nicht der Nato unterordnen. Bleibt die Frage, ob die USA den Russen einen „Sektor“ überlassen wollen, wie Frankreich es als Kompromiß vorgeschlagen hat. Diese Frage könne bei den Begegnungen am Rande der Feierlichkeiten gelöst werden, sagte Jelzin am Samstag zum Abschluß seines Paris-Besuchs, der am Freitag auf Schloß Rambouillet begonnen hatte.
Jelzin und Frankreichs Präsident Jacques Chirac schlugen außerdem ein Treffen der Präsidenten von Kroatien, Serbien und Bosnien vor, das noch vor Ende des Monats im Beisein der internationalen Kontaktgruppe in Moskau stattfinden solle. Dabei soll nach Ansicht Chiracs und Jelzins die Einstellung der Feindseligkeiten in Bosnien auf festeren Grund gestellt werden, bevor die drei Staatschefs am 31. Oktober in den USA zusammentreffen, um sich über den Wortlaut des Friedensabkommens zu einigen. Der Vertragsabschluß und die Unterzeichnung sollen in Paris stattfinden.
Einigkeit demonstrierten die beiden Staatschefs auch in der Frage der Nato-Osterweiterung. Ziel müsse es sein, ein „für alle annehmbares“ Sicherheitssystem zu finden, sagte Chirac. „Man muß Verständnis für Rußlands Vorbehalte haben.“ Die Allianz dürfe nur allmählich erweitert werden.
Ein gemeinsames Konzept für die Sicherheit in Europa soll eine französisch-russische Kommission ausarbeiten, auf deren Schaffung Chirac und Jelzin sich einigten. „Rußland ist ein wichtiges Element für das Gleichgewicht der Welt. Wer das vergißt, würde einen gefährlichen Irrtum begehen“, unterstrich Chirac.
Jelzin reiste am Samstag mittag zur UNO nach New York weiter. Dort traf der russische Präsident mit UN-Generalsekretär Butros- Ghali zusammen. Auch bei diesen Gesprächen stand die Einbindung russischer Truppen in die Militärmission in Bosnien im Mittelpunkt. Jelzin warnte auch in New York vor der Osterweiterung der Nato: „Wir haben bereits in einer geteilten Welt gelebt“, sagte der Präsident. Die Nato-Pläne könnten „die Menschheit in die Vergangenheit zurückwerfen“.
Nach Angaben eines UN-Sprechers sprach Butros-Ghali bei Jelzin auch die Konvention über chemische Waffen an und „drängte Rußland, diese so schnell wie möglich zu ratifizieren“. Präsident Jelzin habe erklärt, daß er beabsichtige, die Konvention zu unterzeichnen, sagte der UN-Sprecher. Ferner habe Butros-Ghali Jelzin gebeten, die irakische Regierung zur Annahme der Resolution 986 des Sicherheitsrates zu bewegen. Sie würde Bagdad den Verkauf einer begrenzten Ölmenge für humanitäre Zwecke erlauben.
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