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Werbeclip der UefaGehirnwäsche bei 90 Grad

Nach wippenden Brüsten kommt Ottmar Hitzfeld, nervtötender Indierock will uns gehirnwaschen und am Ende heißt es: Respect. Wie die Uefa sich reinwaschen will.

Nein, der Spot ist keine Werbung für die Altkleidersammlung. Bild: screenshot Youtube

Der Schock kommt nach wenigen Sekunden, wenn die lächelnde Blondine ihr Polen-Trikot über den Kopf zieht und plötzlich nicht ihre wippenden Brüste zum Vorschein kommen – sondern Ottmar Hitzfeld.

Normalerweise steht der Trainer mit einem Gesicht am Spielfeldrand, das auf seriöse Magenprobleme schließen lässt. Hier gibt er den gut gelaunten Spaßvogel, komplett mit Mantel, zugeknöpftem Kragen und Krawatte. Hitzfeld pfeift auf den Fingern und vollführt eine rätselhafte Wischbewegung. Dann hat er auf einmal Handschuhe an, empfängt aus dem Off einen Ball und verwandelt sich endlich in den dänischen Torhüter Peter Schmeichel. Uff.

Hitzfelds mysteriöses Auftauchen und Verschwinden ist nicht das einzige Rätsel, das dieser Fernsehspot in nur 30 Sekunden aufgibt. Zahllose Menschen tauschen da ihre Hemden oder verwandeln sich, wie Ottmar Hitzfeld, in andere Menschen.

Dabei handelt es sich nicht, wie man meinen könnte, um eine Werbung für die Altkleidersammlung oder eine Dokumentation über schizoide Persönlichkeiten. Manche Leute kennt man aus dem Fußball – wie Hitzfeld, Schmeichel, Benzema, Seedorf oder Steffi Jones oder der Schiedsrichter Collina.

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Andere Leute dienen augenscheinlich nur dazu, in schnellen Schnitten so etwas wie eine fröhliche Verschiedenheit darzustellen – weiß, schwarz, gelb, bärtig, groß, klein, behindert. Sind auch alle da? Ja, alle sind da. Und alle sind, mit Ausnahme von Hitzfeld, jung und schön. Okay, Pierluigi Collina ist Pierluigi Collina, eine Glatzenmarke für sich. Und Dicke gibt es auch nicht. Dicke sind zu dick.

Psychedelische Gehirnwäsche

Unterlegt ist der Clip mit euphorisierend gemeintem, aber nervtötendem Indierock von der kalifornischen Gruppe Evaline („There, There“). Gezeigt wird er auf Betreiben der Uefa in den Halbzeitpausen der EM, was in seiner Häufung einer recht psychedelischen Gehirnwäsche bei 90 Grad entspricht. Was will uns die Vereinigung europäischer Fußballverbände damit sagen? Und warum fühlt sich das so seltsam schmierig an? Die Botschaft wird am Ende eingeblendet und lautet: „RESPECT“.

Der nicht eben unkorrupte Verband fordert also für seine Mätzchen und Marotten nichts anderes als der halbwüchsige Rüpel in der U-Bahn, nämlich „Zurückschauen, Rücksicht, Berücksichtigung“ (lat. „respectus“).

Dabei ist „Respekt“, das offenbar das ähnlich schwammige „Toleranz“ abgelöst hat, ein recht wackeliges Wörtchen, angesiedelt im sprachlichen Bermuda-Dreieck aus Höflichkeit, Verständnis und Ehrfurcht. Respekt ist etwas, das ich mir verschaffe oder jemandem zolle, der nicht notwendigerweise mein Freund, aber immerhin ein satisfaktionsfähiger Gegner sein kann. Er ist also das Gegenteil der fahrlässigen Herabwürdigung und taugt damit als Währung jedweder ehrversessenen Gesellschaft.

Der Slogan hat selbst dort Einzug gehalten, wo am Ende bekanntlich nur das Ergebnis zählt. „RESPECT“ prangt deutlich sichtbar auf der Kapitänsbinde, was den Spielführer sozusagen als Respektwart ausweist.

Zu gewinnen gibt es Tand

Besucht man die im Clip ebenfalls eingeblendete Webseite, wartet dort ein debiles Gewinnspiel mit tollen Preisen – signierte Fußbälle, signierte Trikots, signierte VIP-Tickets, der übliche Tand. Es sind sozusagen die Glasperlen, mit denen die Uefa ein feierwütiges Publikum gewogen machen möchte, ihr menschelndes Begleitprogramm zu beklatschen. Worum es da genau geht, steht im „Factsheet“ zum Thema „Fußball und soziale Verantwortung“.

Es gibt Projekte zur Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer, professionelle Spielbeschreibungen für Hör- oder Sehbehinderte, Schulprojekte gegen Rassismus, Gesundheitsprogramme, konfliktlindernde „Fan-Botschaften“ vor Ort und vieles mehr, was sich die Uefa rund 3 Millionen Euro kosten lässt.

Im Bericht sind die 3.000.000 fett gedruckt, als wär’s eine respektable Summe. Tatsächlich werden die Einnahmen der Uefa bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine zwischen 1,3 und 2,5 Milliarden Euro liegen, genaue Zahlen gibt es traditionellerweise nicht. Das muss man respektieren. Allein der koreanische Hyundai-Konzern zahlt 30 Millionen Euro, um seine Fahrzeuge sozusagen am Abschleppseil der EM 2012 auf den europäischen Markt spedieren zu lassen. Auch für die anderen neun „offiziellen Sponsoren“ gilt: Je rauschender das Fest, desto klingelnder die Kassen.

Zudem begegnet der Verband den „Gastgeberländern“ wie eine autoritäre Putschregierung, die im Namen ihrer Sponsoren vorübergehend sogar Kinkerlitzchen wie die staatliche Souveränität oder die Regeln der Marktwirtschaft außer Kraft setzen kann.

Die neue Infrastruktur hat nicht die Uefa bezahlt

Die neuen Stadien, Bahnhöfe und Flughäfen in Breslau, Danzig oder Posen sind nicht von der Uefa, sondern von den Gemeinden und damit den Bewohnern bezahlt worden. Die entsprechende Verschuldung wird dazu führen, dass künftig kein Geld bleibt für Projekte zur Barrierefreiheit, Schulprojekte gegen Rassismus oder andere sinnvolle Sachen. Umso netter von der Uefa, dass sie ursprünglich staatliche Aufgaben wie die Sorge um „soziale Verantwortung“ übernimmt – und dafür sogar einen winzigen Bruchteil ihrer kolossalen Gewinne aufwendet.

Nüchtern betrachtet ist das internationale Fußballturnier ein performatives Ritual zur Sublimierung kriegerischer Auseinandersetzungen. Die dabei freigesetzten „Emotionen“ sind nach der heiteren Logik der Märkte nichts anderes als ein „perfektes Werbeumfeld“, auf dessen Inszenierung und Organisation die Uefa ein Monopol hält. Nichts bringt dieses Geschäftsmodell stärker ins Wanken als Ausbrüche der durch „das Event“ nur mühsam kanalisierten Chauvinismen, aus denen das Turnier doch seine Relevanz schöpft.

In diesem Zusammenhang ist die wohlfeile Forderung nach „Respekt“ ein Schmiermittel, das die Kundschaft ruhig und die Geldmaschine am Laufen halten soll. Und natürlich ein Befehl.

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5 Kommentare

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  • O
    oranier

    Meine volle Zustimmung dieser kritischen Analyse, nicht zuletzt der hohlen Begriffe "Respekt" und Toleranz. Die Chauvinismen werden nicht nur mühsam kanalisiert, sondern durch die sorgsam gepflegt, zuletzt in einem unsäglichen Artikel der taz über den angeblich gerade beendeten "Krieg" zwischen Deutschland und Holland.

     

    Formulierungen, wie: "Der" Schiedsrichter Collina kennt man "aus dem" (!) Fußball" sind aber durchaus verbesserungswürdig.

  • R
    Rudi

    warum ist der song nervtötend? ist immer noch das beste am ganzen clip (neben den models, versteht sich). ;-)

     

    besser als eurotrash, dance oder hip-hop allemal!

  • R
    ralf

    Vielen Dank für diesen Artikel!

    Mir geht dieser Spot auch tierisch auf den Geist.

    Aber glücklicherweise komme ich schnell genug an meine

    Fernbedienung und kann den Dreck auf Stumm schalten.

     

    PS:Wenn Deutschland gespielt "hatte" habe ich auch immer den Ton stumm geschaltet weil die Kommentatoren

    des öfteren ein anderes Spiel gesehen haben als ich!

     

    Besonders diese pro Deutschen sehr dümmlichen Kommentare im anschließenden "Waldi Club" waren einfach nur dämlich und völlig überheblich!Und Sorry,den "Knop" kann ich überhaupt nicht mehr ertragen Aber wie wir gesehen haben gab es die Quittung promt von den Italienern.Glückwunsch Italien.Gut gemacht!

  • MZ
    Manfred Zorn

    Ja was wollen Sie eigentlich? Der taz-lesende Gutmensch ist doch für diese Volksverdummung und Gehirnwäsche verantwortlich. Das gebetsmühlenhafte Toleranz-Gefordere kommt doch aus Eurer Ecke. Und weil es jetzt wirklich zu dämlich und abgedroschen gewesen wäre, hat die UEFA die Weiche auf ein Parallelgleis umgestellt und fährt jetzt die RESPEKT-Schiene - genauso dumm und sinnentleert. Und ja, RESPEKT fordert sie genauso wie der halbwüchsige Rüpel in der U-Bahn - das haben Sie schön erkannt. Aber eines haben sie dann doch noch vergessen (die Schere im Kopf funktioniert noch, gell?) - Rüpel "mit Migrationshintergrund"

  • K
    kroete

    RESPEKT haben die Herren der vermeintlich korrupten Organisationen FIFA und UEFA bestenfalls vor Geld, das ihnen ihre TV - Rechte und Sponsorenverträge in die schwarzen Kassen spülen.

     

    Sport ist hier längst zur schönsten Nebensache der Welt geworden. Die Sportler/innen sollen das zahlende Publikum mit ansehnlichen Leistungen zum Konsum animieren, sind oft selbst nur noch auf der Jagd nach Gewinnmaximierung, da wirkt ein wohlgemeinter Trikottauschwerbefilmchen besonders auf Frauenfußballerinnen bizarr.

     

    Als Ex - Ok - Chefin der Frauen - WM hat Frau Jones so manche Kampagne mitgemacht, ist sie auch nur eine Marionette der mächtigen Herren am Gängelband des DFB, der mit einem Herrn Zwanziger, der bekanntlich Herrn Blatter in allen Belangen unterstützt, sich dabei jedoch als Moralapostel zu inszenieren sucht.

     

    Auf eine TRANSPARENZ - Kampagne dieser Organsiationen werden wir wohl vergeblich warten, müßten dort doch dann viele ehrenwerte Herren ihren Hut nehmen, sollte man endlich demokratische Strukturen etablieren, die diesen Namen verdienen.