EU-HAUSHALT: DER KOMMISSION IST KEIN VORWURF ZU MACHEN : Wer bestellt, muss bezahlen
Fürs EU-Budget gilt das gleiche Prinzip wie für die Haushaltskasse jeder Familie: Wer die Ausgaben senken möchte, muss auch Vorschläge machen, wo gekürzt werden soll. Die Nettozahler, die mehr in die EU-Kasse einbezahlen, als sie über Subventionen wieder herausbekommen, missachten dieses Prinzip. Zugleich beteiligen sich bei jedem Gipfeltreffen auch Deutsche, Briten oder Luxemburger munter daran, der EU neue, kostenträchtige politische Ziele zu verordnen. Zehn arme Schlucker ans Einkommensniveau der alten EU heranführen, ihre Bauernhöfe modernisieren, ihr Hinterland renovieren? Kein Problem. Die neuen Nachbarn Ukraine, Russland, Kroatien finanziell so fördern, dass kein unbekömmlicher Neid entsteht? Aber sicher. Aus der Union bis 2010 den wettbewerbsstärksten Wirtschaftsraum der Erde machen? Kriegen wir hin. Ein außenpolitisches Schwergewicht werden, in Augenhöhe mit Nato, UN und den USA Weltpolizei spielen? Wird gemacht.
Ganz zu Recht wird die EU-Kommission heute in ihrem Vorschlag zur Finanzplanung für 2006 bis 2013 darauf hinweisen, dass all diese zusätzlichen politischen Ziele nicht mit dem alten Budget der Union aus fünfzehn Mitgliedsstaaten zu bewältigen sind. Sie wird also einen Entwurf vorlegen, der die 1999 von den Staatschefs festgelegte Obergrenze von 1,24 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fast ausschöpft. Derzeit fließt nur knapp 1 Prozent davon in den Gemeinschaftshaushalt.
Die meisten Kritiker räumen ein, dass an den neuen Politikzielen der Union wirklich nicht gespart werden sollte. Die Kommission möge lieber den aufgeblähten und widersinnigen Agrarhaushalt zusammenstreichen. Genau das hat Agrarkommissar Franz Fischler mit seiner Reform zur Halbzeit der Kommission versucht. Gescheitert ist er am französischen Besitzstandsdenken und an Gerhard Schröder, der seinem Freund Chirac den Geldsegen aus Brüssel bis 2013 zugesichert hat.
An diesem festen Ausgabenposten, der heute fast die Hälfte des Budgets ausmacht, kann die Kommission also nicht rütteln. Nur logisch, dass sie das Haushaltsvolumen vergrößern will, um Spielraum für neue politische Projekte zu schaffen. Würde ihre Finanzplanung von den Staatschefs abgenickt, würde der Anteil des Agrarbudgets am Gesamthaushalt relativ gesehen sinken – bis 2013 auf ein Drittel des jährlichen Gesamtvolumens. Das würde immerhin deutlich machen, dass die politische Landschaft der Union heute mehr zu bieten hat als Butterberge und Milchseen. Der Haushalt allerdings wäre zum gleichen Zeitpunkt um ein Drittel gestiegen. DANIELA WEINGÄRTNER