: Wenn das Erbe richtig eingeschätzt sein will
Der verstorbene Vater meines Freundes sammelte Briefmarken. Nun könnten mein Freund und ich kaum die Blaue Mauritius von einer Eine-Mark-Marke unterscheiden. Was also tun mit dem potenziellen Schatz? Wer selbst keine Ahnung hat, muss sich Menschen suchen, die mehr wissen. Die fanden wir in Neumünster bei einer Messe des Philatelistenvereins. Eine ganze Halle voller Leute, die begeistert durch unsere Alben blättern und um die Wette darum bieten – wie geil ist das denn?
In der Halle saßen tatsächlich viele Menschen, in der Mehrzahl männlich und im vorgerückten Alter. Aber so richtig Bock auf unser Erbe zeigte niemand. Die meisten blätterten schnell durch und hoben die Achseln. Einer schickte uns zu einem der Händler in der Halle. Der schaute schnell und kam zum knappen Urteil: „Zu verkaufen ist das leider nicht.“ Sein Rat: „Da drüben sitzt der Vereinsnachwuchs. Die freuen sich bestimmt.“
Neumünster
79.450 Einwohner*innen,
liegt im Zentrum von Schleswig-Holstein. „Superzacke“ heißt die Gruppe des Briefmarkensammlernachwuchses in der Stadt.
Das Ende vom Lied: Wir spendeten die Alben und bekamen dafür ein Dankeschön. Draußen stellten wir fest, dass diese Lösung die allerbeste war: Denn hätte jemand 10, 100 oder sogar eine Zigillion Euro geboten, hätten wir immer gedacht, man habe uns übers Ohr gehauen. Nichts aber ist ehrlich. Esther Geißlinger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen