Wenn Tomaten zu wenig matschen: Das Gen-Igitt
■ Verbraucherzentrale: neues Bündnis gegen genmanipuliertes Essen
PCB, DDT, Nitrit und Dioxin: das tägliche Futter der Lebensmittelgiftparanoiker hat viele Namen. Jetzt ganz frisch im Angebot: das Gen-IGITT. Wer heute Schweizer Käse kauft, hat eventuell schon ein Gentech-Produkt im Korb. Das heißt Chymosin und ist ein Gen-Labferment zur Käseherstellung. In der Schweiz erlaubt. Während die EU noch über Kennzeichnungspflicht von genetisch manipuliertem Essen streitet, ist das IGITT schon längst unter uns. Vermutet jedenfalls die Verbraucherschutz-Zentrale Bremen. Um die Verbraucher zu schützen, hat sie jetzt ein „Bündnis gegen genmanipulierte Nahrungsmittel“ gegründet.
Bündnispartner: BUND und Gesundheitsladen, Bündnisgrüne und Genuß-Gewerkschaft (Bremerhaven), Forscher und Recycler und Karin Jöns (Europarlamentarierin der SPD). Gegen's IGITT ist eine denkbar breite Front angetreten, das Volk ist dagegen (81% wollen genmanipuliertes Essen nicht kaufen), der Bundesrat auch. Viele europäische Länder auch. Die Bösen aber heißen: Belgien, Frankreich, Irland, und natürlich das Vereinigte Königreich. In GB backt man schon lustig mit Gen-Hefe.
Ganz IGITT sind die USA: Antimatsch-Tomaten sind da jetzt auf dem Markt, denen man auch biblisches Alter nicht mehr ansieht. Daraus wird Genketchup gemacht. Allerorten trinkt der Amerikaner Genmilch, wie auch die Amerkanerin. Wer garantiert, daß das Genfutter aus den USA in den USA bleibt? Niemand.
„Im Grunde ist unsere Forderung,“ so Bündnispartnerin Ulrike Buchner (Vorsitzende der Verbraucherzentrale), „Überhaupt keine gentechnisch erzeugten Nahrungsmittel!“ Realistisch? „Neee!“ Gentechnik kommt, schon allein weil sie so viele scheinbare Vorteile bietet, die aber sicher von Vorteil für die Essens-Produzenten und -Verteiler sind – Haltbarkeit; Aussehen; Geschmacksoptimierung; Tomaten, die nach Thun schmecken; Riesenkarpfen; Raps, der pflanzengiftresistent ist (alles stirbt, nur der Raps nicht). Was bleibt? Das IGITT zügeln! Durch Gesetze.
Die EU bastelt derzeit an einer Verordnung. Sie ist beim Thema Gene gespalten. Die Bösen wollen, daß die Nahrungsmittelhersteller selbst prüfen, ob ein Mittel bedenklich und also genehmigungspflichtig ist. Die Guten (u.a. WIR) wollen alle Gentech-Nahrungsmittel systematisch und obligatorisch prüfen und kennzeichnen. Auch den Zucker, der aus der Genrübe gewonnen wurde. Verhandelt wurde bislang zwei Jahre, Ende offen.
Mit Argumenten wie „lange haltbares Essen ist gut gegen den Hunger in der Welt“ darf man dem Bündnis nicht kommen. Weil der Hunger von der Ungerechtigkeit der Weltwirtschaft komme. An der Gentechnologie, da ist sich das Bündnis mit der Mehrheit der Deutschen einig, ist kein gutes Haar – ungeahnte Langzeitfolgen, Allergieärger, Verlust an Lebensmittelqualität usw. Die Abwehrstrategie läuft zweigleisig. Erstens: IGITT gehört total verboten. Weil unrealistisch, wird zweitens totale Kennzeichnungspflicht gefordert, analog dem Blauen Engel und dem Grünen Punkt. Flankierend: Verbraucherpower! Jeden Händler mit der Gen-Frage nerven! Garantiererklärungen verlangen! „Gentech-frei“ muß zum Werbeargument werden!
Der erste praktische Schritt des Bremer Gesundheitsladens im Kampf gegen IGITT: ein T-Shirt mit dem Aufdruck: „Essen aus dem Gen-Labor: igitt!“
BuS / Foto: Tristan Vankann
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