: Weniger ist trotzdem viel
■ Innensenator Werner Hackmann legt Kriminalstatistik vor
Bilanzen sind interpretierbar. Anders gesagt: Nach der neusten Kriminalitätsstatistik ist die Zahl der Straftaten in Hamburg im vorigen Jahr um 22.229 Fälle (7,25 Prozent) auf 284.414 gesunken – der deutlichste Rückgang seit 1953. Das teilte Innensenator Werner Hackmann gestern zufrieden mit. Zudem konnte die Polizei eine Aufklärungsquote von 39,7 Prozent erzielen. Ein Trend kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden.
Denn im Jahr 1992 hatte Hamburg mit über 300.000 Delikten die höchste Zahl an Verbrechen in der Nachkriegsgeschichte zu verbuchen. So stellt auch Kripochef Wolfgang Sielaff folgerichtig fest: „Da war vermutlich eine Höchstgrenze erreicht, die sich jetzt wieder normalisiert.“ Vor allem bei Wohnungseinbrüchen, Fahrraddiebstählen, Autoknackereien und Rauschgiftkriminalität verzeichnet die Polizei einen Rückgang an Straftaten. Die Zahl der Mordversuche sank fast um die Hälfte, die der Morde stieg hingegen um ein Drittel (64 Fälle).
Einen deutlichen Anstieg verzeichnet die Polizei im Bereich der Gewaltkriminalität, insbesondere des Straßenraubes. Mehr polizeiliche Präsenz soll zumindest an Brennpunkten die Überfälle eindämmen. Dennoch: Derartige Statistiken sind wenig aussagekräftig. Beispiel: So registrierte die Polizei statistisch 208 Vergewaltigungen, die Dunkelziffer ist aber selbst nach Auffassung vieler KriminalistInnen viermal so hoch. Oder anders gesagt: Straftaten finden nur dann ihren Niederschlag, wenn sie angezeigt oder von der Polizei aufgedeckt werden. So waren zum Beispiel im Bereich Wirtschaftskriminalität von 24 Planstellen nur sechs besetzt. Während sich der gesellschaftliche Schaden durch Ladendiebstähle auf monatlich 560.000 Mark beläuft, wird der Schaden durch Wirtschaftskriminalität mit satten fünf Millionen Mark monatlich beziffert. kva
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