: Weniger Geld, mehr Überwachung
■ Innenmister einigen sich auf Schlechterstellung von Flüchtlingen / Anti-Rassismus-Büro: „Elend der BosnierInnen mißbraucht“ / Vorbereitung auf Massenabschiebung?
Wer vor dem „Asylkompromiß“ aus dem letzten Jahr als eine Mogelpackung gewarnt hatte, sieht sich inzwischen bestätigt. Denn neben den Maßnahmen zur Abschottung Deutschlands enthielt der Kompromiß auch das Versprechen, den „wirklich bedürftigen“ Flüchtlingen effektiver zu helfen. Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien sollten unbürokratisch aufgenommen werden und gegenüber AsylbewerberInnen einen Sonderstatus erhalten – vor allem sollte ihre rechtliche Position gestärkt werden, sie sollten eine Aufenthaltsgenehmigung statt einer Duldung bekommen.
Davon ist nun nicht mehr die Rede – im Gegenteil. Am 6.Mai beschlossen die Innenminister der Länder Maßnahmen, die die Bürgerkriegsflüchtlinge auf eine Stufe mit AsylbewerberInnen stellen. So sollen nach dem Beschluß, dem auch Bremen zustimmte, alle Flüchtlinge in Zukunft bei ihrer Aufnahme flächendeckend erkennungsdienstlich behandelt (also mit ihren Fingerabdrücken erfaßt) werden. Außerdem sollen sie die gleichen Leistungen wie AsylbewerberInnen erhalten – sprich: Versorgung mit weniger Zuwendungen und diese in Sachleistungen statt in Bargeld.
Als „billiges propagandistisches Manöver“ hat daher das „Anti-Rassismus-Büro Bremen“ die angeblich bevorzugte Behandlung von Bürgerkriegsflüchtlingen in der Debatte um den Asylkompromiß bezeichnet. „Das Elend der Menschen in Bosnien wurde mißbraucht, um Akzeptanz zu schaffen für die extreme Verschärfung des Asylrechts“, heißt es in einer Erklärung. „Gleichzeitig beginnen Massenabschiebungen, wie z.B. seit Mai 94 von 100.000 Flüchtlingen nach Kroatien, die dort vor dem Nichts stehen. Das Bundesland Bremen beteiligt sich auf ganzer Linie und ohne jede Einschränkung an dieser menschenverachtenden Politik.“
Die erkennungsdienstliche Erfassung von Kriegsflüchtlingen wird von den Behörden mit dem Mißbrauch von Sozialhilfeleistungen und dem möglichen Untertauchen von Kriegsverbrechern begründet. Diese Fälle gibt es vereinzelt, meint Pörschke vom „Flüchtlingsbüro Bremen-Nord“ des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB). „Dadurch ist aber die flächendeckende Erfassung nicht zu rechtfertigen“, ED-Behandlung sollte wie bisher in der Stadt Bremen nur bei begründetem Verdacht von Falschidentitäten erfolgen dürfen. Als Hintergrund für die Maßnahmen sieht Pörschke die „rigide Abschottungspolitik“ in Deutschland seit dem Asylkompromiß und die mögliche Vorbereitung auf Massenabschiebungen der Flüchtlinge. Auch der Abbau von Leistungen ist für ihn ein Element der Abschreckung: „Wir befinden uns in einer ganz gefährlichen Abwärtsspirale. Die bisherige Duldung der Flüchtlinge bedeutet nach dem Gesetz lediglich die zeitweilige Aussetzung der Abschiebung. Wenn man die Gleichsetzung mit Asylbewerbern zuende denkt, könnte man analog auch hier zur Dauerunterbringung von Kriegsflüchtlingen in Sammelunterkünften wie dem Asylschiff in Gröpelingen kommen. Für uns sind diese Änderungen daher abzulehnen.“ bpo
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