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Archiv-Artikel

Weniger Aufführungen, mehr Besucher?

Pierwoß’ NachfolgerIn als ChefIn des Bremer Theaters wird mit geschrumpftem Etat und schwächerem Intendanz-Vertrag klar kommen müssen – bei steigenden Anforderungen. Offiziell wird allerdings immer noch nicht gesucht

Bremen taz ■ Der Job klingt nach gehobener Gehaltsklasse: GeneralintendantIn. Doch wer diese Woche die Stellenanzeigen der „Zeit“ durchblättert, wird wieder enttäuscht: Noch immer sucht die Freie Hansestadt Bremen keinen neuen Chef für das Goetheplatztheater. Zwar räumt Amtsinhaber Klaus Pierwoß seinen Schreibtisch erst am 31. Juli 2007. Damit ein Nachfolger „seine eigenen Verträge fristgerecht kündigen“ kann, beschloss die Kulturdeputation in ihrer letzten Sitzung jedoch die Ausschreibung – „noch vor der Sommerpause“. Seit März war klar: Pierwoß verlängert nicht mehr.

Wo also wird gesucht? Fehlanzeige auch bei FAZ und „Deutscher Bühne“. „Derzeit liegt die Anzeige noch beim Finanzressort“, erklärt Thorsten Müller, der kommissarische Kultursprecher. Das sei „normales Verwaltungshandeln“. Ende August erscheine sie dann. Man darf also noch ein bisschen rätseln, welche Fassung sie haben wird: In der von der Deputation „zur Kenntnis genommenen“ Vorlage fehlt dem Text ein aufschlussreiches Verb: „Die Gesellschaft hat einen kaufmännischen Geschäftsführer und einen künstlerischen Geschäftsführer (Intendant), die gleichberechtigt für die Einhaltung des Budgets und der Vorgaben des Gesellschaftervertrages …“. Wird hier ein strenges „überwachen“ eingesetzt? Oder gar ein „garantieren“? Am Ende vielleicht doch nur wässriges „Sorge tragen“? Immerhin hatten Pierwoß und Verwaltungsdirektor Lutz-Uwe Dünnwald für Wirbel gesorgt, als der künstlerische Etat der laufenden Spielzeit um 500.000 Euro überzogen war. Diesen Vorgang hatte das Kulturressort zum Anlass genommen, das Theater erneut einer externen Betriebsüberprüfung zu unterziehen.

Was immer die Controller von Price Waterhouse Cooper (PWC) gutachterlich verlautbaren werden – das Fortbestehen aller vier Sparten stellt derzeit niemand ernsthaft in Frage. Aber schon jetzt zeichnet sich ein anderer wesentlicher Unterschied ab, mit dem Pierwoß’ Nachfolger zu rechnen haben wird: Der Intendantenvertrag wird aller Voraussicht nach keine Aussagen mehr darüber enthalten, welche „Arbeitsmittel“ dem Intendanten zur Verfügung stehen – sprich: wie hoch der Theateretat ist und ob Tarifsteigerungen ausgeglichen werden. Mit einem solchen, ursprünglich von der grünen Kultursenatorin Helga Trüpel zugestandenen Passus kämpfte Pierwoß immer wieder und weitgehend erfolgreich gegen diverse Kürzungsbegehren, denen er und das Theater in zehn Dienstjahren mit bisher sieben verschiedenen KultursenatorInnen ausgesetzt waren.

Der Amtswechsel bietet dem Ressort nun die Möglichkeit, auch die finanzielle Ausgangssituation neu zu definieren: Müller geht von einer „gewissen Absenkung“ des Etats aus. Was der Neue (und auch noch Pierwoß) unter anderem leisten soll, ist dem Entwurf für den künftigen Kulturhaushalt zu entnehmen: Bei 342 Aufführungen weniger im Jahr 2007 sollen 20.000 BesucherInnen mehr kommen, der Zuschussbedarf pro Besucher ist im vorliegenden Zahlenwerk um ein gutes Drittel gesenkt.

Wie soll das funktionieren? Während Pierwoß – wie jeden Sommer – in einem Hausboot durch Frankreich plätschert, brüten die PWC-Controller über den Daten des Goetheplatztheaters. Im Herbst soll das Ergebnis ihrer „strukturell-strategischen Betriebsuntersuchung“ vorliegen. Die Intendanz-Aspiranten jedoch müssen ihre Hüte bis spätestens 23. September in den Ring geworfen haben. H. Bleyl