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■ Weltweit steuern die Autokonzerne auf eine Krise zuDer Fluch der Globalisierung

Alle Autokonzerne wollen das gleiche: möglichst viele Wagen im Ausland verkaufen. Zum einen exportieren sie einen Großteil ihrer Produktion, in Deutschland inzwischen 60 Prozent. Zum anderen aber bauen die Autokonzerne immer mehr Fabriken fern der Heimat.

Unmittelbar im Markt sein, heißt das Motto. Während Japaner beim stundenlangen Warten im Stau gerne in einem bequemen Sofaauto sitzen, möchten sich Europäer hinterm Steuer sportlich fühlen. Außerdem soll die zahlungskräftige Klientel hier wie dort das Gefühl haben, ein ganz individuelles Produkt gekauft zu haben. In ärmeren Ländern dagegen reicht ein Massenauto für alle; die Leute haben ja schließlich nicht soviel Geld.

Doch jeder Autokonzern tut so, als ob er als einziger fremde Märkte erobern will. Diese Wahrnehmungstrübung werden viele Hersteller mit ihrem Abgang vom Weltmarkt bezahlen müssen – und mit ihnen Hunderttausende von ArbeiterInnen. Denn in den nächsten Jahren bauen sich gigantische Überkapazitäten auf, für deren Auslastung es nicht genug zahlungskräftige Kundschaft gibt. Nach dem Kampf der Giganten, der mit immer weiteren Rationalisierungen und Preisverfall einhergehen wird, bleiben nur die Dicksten übrig.

Wahrscheinlich ist, daß Firmen mit dickem Finanzpolster wie Toyota und Mercedes zu den Siegern zählen werden, weil sie auch Durststrecken durchhalten können. Schlechter sieht es dagegen für den südkoreanischen Newcomer unter den Automobilherstellern, Daewoo, aus. Um die Autosparte auszubauen und expansiv zu vermarkten, ist der Daewoo-Vorstand fast ausschließlich auf geliehenes Geld angewiesen. Wenn die Milliardenkredite nicht mehr bedient werden können, bricht das wacklige Haus zusammen.

Doch auch europäische Konzerne werden zu den Verlierern zählen. Plötzlich werden die alerten Automanager die Globalisierung verfluchen, die ihnen kurz vorher noch als Nonplusultra erschienen war. Und dann werden sie sich wieder auf den Staat besinnen und nach Hilfe in Form von Subventionen und Importbeschränkungen rufen. Ihre Chancen dafür stehen nicht schlecht – gilt doch nicht nur in Deutschland die eigene Autoindustrie als Nationalheiligtum. Annette Jensen

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