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Weltsicherheitsrat: US-Rüge an Israel

■ Einstimmige Resolution des Weltsicherheitsrats verurteilt israelische Politik gegen Palästinenser / USA stimmen erstmals seit 1981 mit Ja / Israel heftig empört

Washington/Tel Aviv (dpa/afp/ wps) – „Israel ist schockiert und enttäuscht über die Abstimmung der Vereinigten Staaten zugunsten von Entscheidungen, die Haß und Feindseligkeit gegenüber Israel enthalten“, ließ die israelische Regierung gestern verlauten. Der Grund für die Enttäuschung: am Dienstag abend hatte der UNO-Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der an Israel appelliert wird, auf die Verbannung von neuen Palästinensern zu verzichten, da sie die Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung im Krieg verletze. Zunächst war der Verzicht auf die Abschiebung von Israel gefordert worden. Nachdem diese Forderung zu einem Appell abgemildert worden war, hatten sich auch die USA nicht mehr widersetzt und der Resolution zugestimmt. Die USA hatten sich das letzte Mal 1981 einer UNO-Resolution gegen die israelische Politik angeschlossen, als die Anwendung israelischen Rechts auf den annektierten Golanhöhen kritisiert wurde.

Skepsis angesichts der israelischen Politik hatten die US-Diplomaten schon vor diesem neuen Abstimmungsverhalten gezeigt: Bereits im Dezember hatten sich die USA im Weltsicherheitsrat der Stimme enthalten, als das Verhalten der israelischen Streitkräfte in den besetzten Gebieten scharf verurteilt worden war.

Der Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Avi Pazner wetterte gestern: „Diese Entschließung kann nur die Aktionen der extremistischsten palästinensischen Elemente begünstigen, die die Unruhen in Judäa-Samaria (Westbank) und in Gaza aufrechterhalten wollen.“ Israel denke nicht daran, die Waffe der Deportation gegen „palästinensische Provokateure“ nicht mehr einzusetzen.

Am vergangenen Sonntag hatten die israelischen Besatzungsbehörden in der Westbank und im Gazastreifen verfügt, neun Palästinenser zwangsweise außer Landes zu bringen, da sie „Rädelsführer“ der palästinensischen Proteste der vergangenen Wochen seien. Ihre Anwälte haben gestern dagegen Berufung eingelegt.

Auch am Mittwoch kam es in den besetzten Gebieten zu Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten und der Polizei, die jedoch nicht die Heftigkeit der vergangenen Tage erreichten. Bei militanten Auseinandersetzungen waren am Dienstag im Flüchtlingslager Khan Yunis ein 18jähriger erschossen und acht weitere verwundet worden. Anhänger des moslemischen Fundamentalistenführers Hasan Abu Shakra, der verbannt werden soll, hatten einen Protestmarsch organisiert und waren dabei mit den israelischen Soldaten aneinandergeraten. Vier der von Ausweisung bedrohten Palästinenser, die zwangsweise außer Landes geschafft werden sollen, sind vom Gazastreifen, drei von ihnen sollen islamische Fundamentalisten sein.

Der israelische Soldat, der am Sonntag in einem Vorort Jerusalems eine Palästinenserin erschossen hat, wurde inzwischen aus dem Gefängnis entlassen. Generalstabschef Dan Shomron hatte am Dienstag erklärt, der Soldat sei nicht wegen Mordes, sondern wegen „Verstosses gegen die Befehle“ angeklagt. Er hatte im Dorf Ram Steinewerfer gejagt und sich dabei von seiner Einheit entfernt.

Als er sich plötzlich von wütenden Einwohnern umkreist sah, habe er begonnen, zunächst in die Luft und dann in die Beine der Umstehenden zu schießen. Dabei sei aus Versehen die Frau getroffen worden. Zeugen berichteten jedoch, der Soldat habe auf die Frau geschossen, nachdem sie ihn aufgefordert hatte, dem Jungen nichts zu tun, den er festgenommen hatte.

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