piwik no script img

WeltraumpreisGoogle sucht Mondfahrer

Der Internet-Konzern Google will 30 Millionen Dollar an denjenigen zahlen, der die erste private unbemannte Mondlandung vollzieht. Der "Lunar X Prize" zieht bereits viele Enthusiasten an.

Ein teurer Schritt für einen Menschen, aber billige PR für Google. Bild: ap

BERLIN taz Noch vor wenigen Jahren hätte wohl niemand gedacht, dass es auf die Weltraumfahrt wieder einen solchen Run geben könnte. Statt von der NASA oder der russischen Kosmonautenbehörde wird der Drang ins All diesmal jedoch von neuen Weltraummächten wie China oder Indien vorangetrieben - und erstaunlich oft auch von privaten Firmen.

Japanische Mondsonde

Japan hat erfolgreich eine Raumsonde in Richtung Mond gestartet. "Kaguya" hob in der Nacht zu Freitag von der Insel Tanegashima ab. 45 Minuten später trennte sich die Sonde von der Rakete und machte sich auf die 380.000 Kilometer lange Reise zum Mond. Nach Angaben der japanischen Raumfahrtbehörde ist die Mission die aufwendigste seit dem Ende des Apollo-Programms der USA. Außerdem sei sie der erste Schritt für Japans Ziel, eine bemannte Raumstation auf dem Mond zu errichten. Ein Jahr lang soll "Kaguya" in einer Höhe von 100 Kilometern über dem Erdtrabanten kreisen und dessen Oberfläche untersuchen. Außerdem ist an der Sonde eine hochauflösende Kamera installiert, um zu filmen wie die Erde über dem Mond aufgeht.

In den USA gibt es gleich ein halbes Dutzend Firmen, die kostengünstige Raketensysteme und kleine Raumschiffe bauen wollen - die mittelfristig Weltraumtourismus und Satellitengeschäften dienen sollen. Man übernimmt Rollen, die zuvor der NASA und der großen Luft- und Raumfahrtkonzernen überlassen waren. Die US-Regierung schraubt ihre Ambitionen hingegen zurück, Missionen zurück zum Mond und irgendwann zum Mars sind zwar geplant, beflügeln aber kaum noch die Fantasie der Bürger. Den genügen anscheinend auch Roboterbilder vom Mars.

Die private Weltraumszene sorgt dagegen zunehmend für Interesse. Sie schart sich gerne um den so genannten "X-Prize" der von der US-Regierung und zahlreichen Stars der Technologiebranche unterstützten gleichnamigen Stiftung. Der Preis wurde erstmals 2004 an den amerikanischen Flugzeugbauer Burt Rutan vergeben, der 10 Millionen Dollar für den ersten privaten suborbitalen Flug ins All mit einem eigenentwickelten Fahrzeug einstreichen durfte.

Der nächste X-Prize will nun noch höher hinaus. In der so genannten "Lunar Competition" soll es Privatfirmen erstmals gelingen, ein eigenes Roboterfahrzeug zu dem Erdtrabanten zu schicken. Die Aufgabe ist herausragend und dementsprechend hoch dotiert. Die Stiftung tat sich mit dem Internet-Konzern Google zusammen, der insgesamt 30 Millionen Dollar Preisgeld spendiert. Dafür darf sich der Preis künftig auch "Google Lunar X Prize" nennen.

Die abzuhakende Liste für den Gewinner ist lang - gegen sie wirkt der suborbitale X-Prize nahezu lächerlich. Es muss gelingen, den Rover von der Erde zum Mond zu befördern. Doch das reicht noch nicht. Das Roboterfahrzeug soll außerdem auf der Mondoberfläche herumfahren - mindestens 500 Meter weit. Von da aus sollen dann Videoaufnahmen, Fotos und andere Daten zurück zur Erde gefunkt werden.

"Dieser nächste große X-Prize hat eine Mission, die die wirtschaftliche Sphäre der Menschheit um das Zehnfache des geostationären Orbits erweitern könnte", beschreibt X-Prize-Stiftungsvorsitzender Peter Diamandis mit großen Worten sein Projekt. Am Donnerstag führte er sein Vorhaben in Los Angeles detailliert aus. Das Vorhaben solle vor allem zeigen, dass es kleinen Teams aus engagierten Einzelpersonen möglich sei, Dinge zu tun, die vorher nur ganzen Nationen vorbehalten waren.

Fanden den Mond ohne Google: Edwin Aldrin vor 38 Jahren fotografiert von Neil Armstrong. Bild: dpa

Die 30 Millionen Dollar Preisgeld sind in insgesamt drei Teile gesplittet: Der größte der Preise beläuft sich auf 20 Millionen Dollar, der zweite auf 5 Millionen. Die restlichen 5 Millionen sollen als Bonus ausgezahlt werden.

Die Höhe der Anforderungen der auch "Mond 2.0"-genannten Mission zeigt sich schon allein dadurch, dass die X-Prize-Jury den möglichen Teilnehmern viel Zeit einräumt: Bis um 31. Dezember 2012 kann man beim Großen Preis für die vollen 20 Millionen Dollar teilnehmen, zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 31. Dezember 2014 gibt's nur noch 15 Millionen. Was dann an Daten vom Mond zurückgesendet werden soll, wird als so genannter "Mooncast" beschrieben, der ein Gigabyte schwer sein soll.

Damit der Rover überhaupt zum Mond gelangen kann, bedarf es ordentlicher Raketentechnik. Deshalb kooperiert der X-Prize unter anderem mit dem privaten Betreiber SpaceX, der preisreduzierten Platz vermieten soll. Allein, SpaceX besitzt noch keine Rakete, die derart mächtig wäre - das Unternehmen des Internet-Millionärs Elon Musk testet die Technik noch.

Und so ist noch völlig unklar, wie realistisch der "Google Lunar X Prize" tatsächlich erreichbar ist. Ums Geld geht es den Mitspielern sowieso nicht, auch beim suborbitalen Wettbewerb ging es vor allem um Ruhm und Ehre.

Das höchste Preisgeld überhaupt im Weltraumgeschäft hat übrigens der US-Hotelkettenbesitzer Robert Bigelow ausgeschrieben. Er verspricht eine dreistufige Geldrakete: 50 Millionen Dollar für den, der bis zum 10. Januar 2010 einen erfolgreichen orbitalen Raumflug schafft. Und zwar mindestens in 400 Kilometer Höhe, also in etwa im Orbit der Raumstation ISS. Weitere 200 Millionen erhält, wer dann sechs solcher Flüge hintereinander schafft. Sogar 800 Millionen haben die Finanziers um Bigelow ausgelobt, wenn jemand 24 solcher Flüge schafft - er muss allerdings an eine von Bigelow noch zu bauende Raumstation andocken können und auch sonst noch ein paar Bedingungen erfüllen, schreibt Space News.

Und die privaten X-Preisler haben allerlei Konkurrenz aus aufstrebenden Raumfahrernationen: Japan berichtete heute vom erfolgreichen Start einer eigenen Mondsonde. Sie wird zwar nicht landen, sondern den Erdtrabanten nur von außen detailliert erfassen - doch arbeitet man hier steuerfinanziert und deshalb mit Profitechnik. Der X-Prize soll dagegen beweisen, dass das auch privatfinanziert funktionieren kann. Es wird ein spannendes Rennen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!