Weltnaturerbe Wattenmeer: Hamburg hat nun seine Serengeti
Hamburg will nun auch seinen Teil des Nordsee-Wattenmeeres von der Unesco anerkennen lassen. Aus Angst um den Hafen hatte die Stadt das bisher verweigert.
Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer soll nun doch Unesco-Weltnaturerbe werden. Der schwarz-grüne Senat in Hamburg beschloss am Dienstag, seinen Nachbarn nachzueifern. Im Sommer vorigen Jahres hatte die Unesco die Wattenmeeranteile von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und den Niederlanden als Weltnaturerbe akzeptiert - und damit in denselben Rang erhoben wie etwa die Galapagos-Inseln, die Serengeti oder den Grand Canyon. Das Wattenmeer dient rund zehn Millionen Wat- und Wasservögeln als Drehscheibe und Raststätte zwischen ihren arktischen Brutgebieten und ihren Überwinterungsplätzen in Südeuropa (siehe Kasten).
Hamburg hatte Anfang 2008 die Anmeldung seines Anteils vor der Elbmündung verweigert. Der seinerzeit noch allein regierende CDU-Senat hatte Nachteile für die geplante Elbvertiefung befürchtet. Der Schutzstatus setze "tausende Arbeitsplätze aufs Spiel", hatte der damalige CDU-Wirtschaftssenator Gunnar Uldall befürchtet.
Diese Bedenken seien nun jedoch ausgeräumt, erklärte Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL). Die Unesco habe klargestellt, dass Erweiterungen der großen Seeschifffahrtsstraßen trotz Weltnaturerbe möglich blieben: "Damit sind Befürchtungen ausgeräumt worden, die Anerkennung könne zu Lasten des Hafens gehen."
Das hat auch den neuen Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) überzeugt, der vor zwei Jahren noch als Umweltsenator wenig Kampfgeist für die Natur vor der Küste gezeigt hatte. Er habe nichts gegen die Anmeldung zum Weltnaturerbe, sagt er nun, wenn diese "keine negativen rechtlichen Auswirkungen auf die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe" habe.
Offen ist zurzeit noch, ob Hamburg seinen Nationalpark im Alleingang nachmeldet. Es gibt auch Überlegungen, sich mit Dänemark zusammenzutun. Das hat es bislang ebenfalls vermieden, sein Watt von der UN schützen zu lassen. Auch hier waren wirtschaftliche Interessen ausschlaggebend: Die Dänen befürchteten Beschränkungen bei der Gebietsausweisung für Offshore-Windparks.
Das Wattenmeer an der Nordseeküste ist das weltgrößte tideabhängige Sand- und Schlickwatt. Dort leben rund 3.200 Tierarten, 250 von ihnen sind endemisch.
Das einzige deutsche Walschutzgebiet liegt vor den nordfriesischen Inseln Sylt und Amrum. Dort ist die Kinderstube der delphinähnlichen Schweinswale.
Mit rund 11.400 Quadratkilometern ist das Wattenmeer zwischen dem dänischen Esbjerg und Den Helder in den Niederlanden fast so groß wie Schleswig-Holstein. Der deutsche Anteil beträgt knapp 7.500 Quadratkilometer.
Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer rund um die Insel Neuwerk westlich der Elbmündung umfasst mit einer Fläche von lediglich 137,5 Quadratkilometern weniger als zwei Prozent der deutschen Fläche. (smv)
Nun aber wollen die skandinavischen Nachbarn ihre 1.700 Quadratkilometer zwischen Sylt und der Ho Bucht in diesem Jahr ebenfalls zum Nationalpark erklären und zudem möglicherweise ebenfalls bei der Unesco nachmelden. Dies hätte aber zur Folge, dass der Hamburger Teil nicht im Sommer 2012, sondern erst ein Jahr später Naturerbe werden könnte.
Denn nach den Regeln der Unesco müssen bei einer "erheblichen Erweiterung" des derzeit rund 9.700 Quadratkilometer großen Gebiets alle beteiligten Länder das gesamte Verfahren noch einmal durchlaufen. Auf einer Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeers am 17. und 18. März auf Sylt wollen Deutschland und Dänemark über das Thema beraten.
"Dieser Schritt ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, die peinliche Ausklammerung des Hamburger Wattenmeeres aus dem Weltnaturerbe zu beenden", kommentierte Hamburgs Nabu-Vize Alexander Porschke. Und der Projektleiter Wattenmeer beim WWF Deutschland, Hans-Ulrich Rösner, seufzte erleichtert: "Besser spät als nie."
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