piwik no script img

Welterbe IIZwei Architekturen im Kalten Krieg

Karl-Marx-Allee und Hansaviertel geben Zeugnis über den Wiederaufbau der Stadthälften Berlins.

Der Bau beider Ensembles markierte eine wichtige Etappe für den Wiederaufbau beider Berliner Stadthälften nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee könnten allerdings unterschiedlicher kaum sein – städtebaulich wie auch architektonisch.

Während sich die Architekten im Osten dem Druck aus Moskau beugen mussten und neoklassizistische Formen kreierten (Zuckerbäckerstil), knüpften ihre Westkollegen an die Klassische Moderne an. Kein Geringerer als Bauhaus-Vater Walter Gropius (1883–1969) war zurückgekehrt und setzt seine in den USA gewonnen Erfahrungen mit kantigen Formen fort.

Auch die Kollegen im Osten waren Verfechter des Bauhaus-Gedankens. Wegen der Formalismusdebatte der Kommunisten kamen sie mit ihren zeitgenössischen Ideen aber nicht zum Zuge. Nach dem Beschluss der Herrscher im Osten sollte die Magistrale zum Vorzeigeobjekt der jungen DDR werden, „Arbeiterpaläste“ sollten entstehen. Initiativen und Direktiven überboten sich. Aus dem ganzen Land wurden Bauleute gelockt. Auch Material war zur Stelle. Beides sollte im Rest der Republik fehlen. Bald wurde enttrümmert. Unterdessen reisten Architektenkollektive nach Moskau. Die Künstler wurden auf Linie gebracht, vor Augen die monumentalen Straßenzüge der sowjetischen Hauptstadt, die sich letztlich als Mini-Kopie in der Stalinallee niederschlugen. Der Öffentlichkeit verkauft wurde dies als „neue nationale Architektur“.

Für das Hansaviertel hieß die lichte Zukunft „Internationale Bauausstellung 1957“ (Interbau57). Die ganz Großen der Branche wie Gropius und Le Corbusier durften sich auf der leeren Fläche zwischen Reichstag und Großem Stern austoben. Sie lieferten in aufgelockerter Bebauung tatsächlich Modelle für das Bauen und Wohnen von morgen. Es entstanden Hoch-, Zeilen- und Einfamilienhäuser. Neue Grundrisse und Materialien wurden ausprobiert. Auch an Kirchen und eine Kongresshalle war gedacht. Das Kino in der neuen Einkaufszeile wurde später als neuer Standort des Grips-Theaters berühmt. (dapd)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • GA
    Gleichmache aus ideologischen Gründen

    Im freien Westen wirkten weltbakannte architektonische Visionäre. Im der sozialistischen Diktatur der Linkspartei zwang man Bauarbeiter unter übelstem Akkordstreß langweilige Stalinbauten also abgekupferte Monumentalbauten zum Ruhme des Sozialismus und des großen Führers hochzuziehen. Das ist ein ziemlicher Unterschied. Die Arbeiter im Sozialismus wurden dann im Auftrag der Linksartei mit Panzern zusammengebalert als sie anfingen zu revoltieren. Für die taz kein Problem das alles mit den Überlegeungen im freien Kapitalismus zum Wohnen der Zukunft gleichzustellen.