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Weitere chinesische Dissidenten vor Gericht

■ Anklage: „Verschwörung zum Sturz der Regierung“

Peking (dpa/ap) — Im Zuge der Prozeßwelle gegen Studenten und Dissidenten hat die chinesische Justiz am Dienstag ein weiteres Verfahren eröffnet. Unter den drei Angeklagten ist auch der 29 Jahre alte Chen Xiaoping, der erste von insgesamt vier Akademikern, die sich wegen der schwerwiegenden Anklage der „Verschwörung zum Sturz der Regierung“ verantworten müssen. Auf diese Anklage steht eine Mindeststrafe von zehn Jahren Haft. In besonders schweren Fällen kann sogar die Todesstrafe verhängt werden. Chen hatte sich als Dozent der renommierten Pekinger Hochschule für Politik und Recht von Beginn an an den regimekritischen Studentenprotesten des Frühjahrs 1989 beteiligt, stand jedoch nicht im Rampenlicht. Kurz nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung hatte er sich den Behörden gestellt. Chen unterrichtete Verfassungsrecht und trat für bürgerliche Freiheitsrechte ein, wie sie in der chinesischen Verfassung verankert sind. Das Gericht verhandelte außerdem weitere Fälle von Teilnehmern an der Demokratiebewegung, denen „konterrevolutionäre“ Verbrechen vorgeworfen wurden. Unter der Anklage einer „Anstiftung zu konterrevolutionärer Propaganda“ und der „Organisierung und Leitung einer konterrevolutionären Clique“ standen Chen Yanlin und Zhang Yafei vor den Richtern.

Gegen drei Dissidenten, denen wie Chen „Verabredung zum Sturz der Regierung“ vorgeworfen wird, stehen die Prozesse noch aus. Dabei handelt es sich um ehemalige Dozenten eines privaten soziologischen Forschungzentrums, den 38 Jahre alten Chen Ziming, den 33jährigen Wang Juntao und den 30jährigen Liu Gang. Das Institut, für das auch Chen Xiaoping gelegentlich arbeitete, galt als eines der Zentren liberalen politischen Denkens in Peking. Gegen die Verfahren, bei denen die Urteile in der Regel schon vorher feststünden, hat amnesty international bei der chinesischen Regierung protestiert. Die Organisation fordert die sofortige Freilassung der Dissidenten.

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