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Archiv-Artikel

Weiterdenken ohne Titel

Betr. „2000 Anschläge“ von Katrin Rabus, in der taz-bremen vom 30. März 2005

Für mich war das Kulturhauptstadt-Projekt eine sehr produktive Angelegenheit, eine Herausforderung mit vielen Chancen. Es hätte einen frischen Wind nach Bremen gebracht (und hat dies bereits in der Bewerbungsphase). Ein Effekt wäre sicherlich auch gewesen, dass langfristige und angebremste Projekte realisiert worden wären, die angesichts der sonst nicht vorhandenen Planungssicherheit für Kultureinrichtungen gar nicht gedacht werden.

Die Bewerbungsphase und das Team haben etliche neue Konstellationen und Ideen auf die Bühne gebracht. Diese „Vorarbeiten“, die Projekte und Kooperationen, sollten nicht einfach vergessen, sondern weitergedacht werden – unter veränderter Zielrichtung, ohne Kulturhauptstadt.

Das Kulturhauptstadt-Team hat sich bewährt in Fokussierung von Themen, Ansprüchen und Präsentation, die in dieser Stadt vorhanden oder entwickelbar sind. Diese Kompetenz und die Kompetenz, mit dem „Außen“ abzugleichen, sollte der Stadt erhalten bleiben. Kunst entwickelt ihre Themen selbständig, im regionalen und internationalen Vergleich. Aber zum Beispiel kluge künstlerische Wettbewerbe auszuschreiben, die aus dem Kontext eines Strukturwandels von Bremen abgeleitet sind, oder umgekehrt aus künstlerischen Prozessen Folgerungen für den Strukturwandel Bremens abzuleiten, oder die Grundfragen an Kunst und Kultur auf die Bildung und auf die sozioökonomische Basis Bremens zu werfen – das wäre eine extern-interne Aufgabe für eine „ständige Kulturvertretung“ des Landes Bremen, gemeinsam mit den Kunstschaffenden in der Stadt. Es geht darum, einen doppelten Anspruch zu bewältigen. Nämlich die kulturelle und künstlerische Basis bei den Akteuren, aber auch im Alltag aller Menschen zu stärken. Also künstlerische Grundlagenarbeit, quasi Forschungsarbeit für Bremen. Jeden Tag! Wenn dann alle zwei oder drei Jahre ein „öffentliches Laboratorium“ stattfindet und das Erreichte und Versuchte präsentiert wird, können sich alle von dessen Sinn überzeugen lassen. Und können fragen, was das denn nun für ihre und die Identität der Stadt gebracht hat.

Detlef Roth, KUBO