Weiter warten auf die Wende

■ Nur mit Mühe und Improvisation konnte die Orthopädie der Charite jahrelang ihr Niveau halten Noch geht alles weiter seinen DDR-Gang, wenn ein Patient eine teure Prothese benötigt

Berlin (dpa/taz) - Die Orthopädische Klinik der Berliner Charite konnte den Anschluß an das internationale Niveau „weitgehend halten“. Sie ist trotz der jahrzehntelangen Behinderung durch die SED-Bürokratie eine Universitätsklinik „mit internationaler Reputation“, sagte ihr Direktor, Prof. Hartmut Zippel, am Mittwoch in einem Pressegespräch.

In der Wirbelsäulenchirurgie und der plastischen Wiederherstellungschirurgie sei die Charite „gleichauf mit den führenden Industriestaaten“. Gemessen an der Drittmittelforschung und der Zahl der Publikationen - im Westen wichtige Indikatoren für den Listenplatz einer Forschungseinrichtung - steht die Charite nach den Worten ihres Forschungsdirektors Cornelius Frömmel „gut da“. Ihre relativ günstige Position ist ein kleines Wunder, gemessen an den Hindernissen, gegen die die Klinik zu kämpfen hatte. Wie Zippel erläuterte, mußte technisches Gerät (beispielsweise zur Wirbelsäulenkorrektur) aus dem Westen importiert werden.

Bestellungen für Hüftgelenkprothesen und andere Implantate mußten beim Gesundheitsministerium beantragt werden. Nach zwei Jahren wurde der Bedarf für drei Jahre geliefert, so daß in der Regel zwar gute, aber technisch veraltete künstliche Gelenke implantiert wurden. In der „Grauzone des realen Sozialismus“ habe man aber auch mal auf eigene Faust ein Hüftkugelgelenk gießen lassen können. Die dazu notwendigen Wege wurden als Krankentransporte deklariert. „Insgesamt“, sagte der seit 1980 als Ordinarius tätige Zippel, „war das volkswirtschaftlich ziemlich aufwendig und sinnlos.“

Mit Bewunderung spricht Zippel vom Westberliner Universitätsklinikum Steglitz, wo der Draht zwischen Ärzten und Herstellern direkt sei und das jeweils neueste Modell innerhalb von 24 Stunden geliefert werde. „In dieser Hinsicht haben wir im Prinzip von der Wende noch nichts gehabt“, meint Zippel. „Es gibt viel guten Willen, aber noch fehlt es am Geld.“

Trotz der Behinderungen war die Orthopädische Klinik aber doch auch Teil der Renommierklinik Charite, so daß pro Jahr 1.600 Operationen vorgenommen werden konnten, darunter 250 Endoprotheseneinsätze, 250 aufwendige Wirbelsäulenkorrekturen und 500 endoskopische Eingriffe an Kniegelenken.