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Weg vom „Russen„-Image

■ DDR-Fernsehen will dritter TV-Sender neben ARD und ZDF werden / Postminister für Verschmelzung

Das Zweite Programm des DDR-Fernsehens will die dritte öffentlich-rechtliche Anstalt im deutschsprachigen Raum werden. Intendant Bernhard Büchel setzte damit den vielen von bundesdeutscher Seite vorgelegten Modellen für eine künftige gesamtdeutsche Medienlandschaft eigene Vorstellungen entgegen. „Wir liefern uns nicht blindlings politischen Entwicklungen aus“, sagte Büchel letzte Woche vor Journalisten in Ost-Berlin. Büchel geht davon aus, daß beide Kanäle des Deutschen Fernsehfunks (DFF) bestehen bleiben. Er räumte aber ein, daß der Platz Adlershof von der politischen Entwicklung nicht abgekoppelt werden könne. Die noch zu bildenden Länder würden sicherlich bei der Gestaltung der Medienlandschaft eine Rolle spielen.

Mit einem Statut, das am 23. Mai vom Medienkontrollrat behandelt werden soll, will sich der Sender eine eigene Verfassung geben. Danach soll das Fernsehen staatsfern und gemeinnützig sein, einen Kulturauftrag haben, die Grundversorgung abdecken und sich außerdem finanziell selbst tragen. Derzeit arbeitet das DDR-Fernsehen auf einer ungesicherten Rechtsgrundlage.

Ein Mediengesetz ist erst in Vorbereitung, und die Länder, die bei der Gestaltung der Medienlandschaft eine Rolle spielen werden, sind noch nicht gebildet. Das Zweite DDR -Fernsehen will wegkommen von dem schlechten Image der Vergangenheit, als der Kanal als ein „Russensender“ wegen der vielen sowjetischen Filme galt.

Sofort nach der Wende habe man begonnen, das Zweite Programm zu einem eigenständigen Kanal auszubauen, der im Wettbewerb zum Ersten Programm stehe. Seit November seien zehn neue Sendungen eingerichtet worden. Nach Worten Büchels will das Zweite Programm durch flexible Reaktion auf politischen Vorgänge eine „Brennpunkt-Mentalität“ entwickeln.

Auch der Personalrat des Zweiten Programms hatte sich in einer Erklärung gegen Versuche gewehrt, „eine Neuordnung der Medienlandschaft über die Köpfe der 7.500 Mitarbeiter hinweg zu beraten und zu beschließen“. Die Postminister beider deutscher Staaten, Christian Schwarz-Schilling und Emil Schnell, setzten dagegen auf eine „Verschmelzung“ der Sender. Das bundesdeutsche System von bundesweiten und regionalen Programmen habe sich bewährt und sollte „Vorbild für eine gesamtdeutsche Lösung sein“, sagten sie vor Journalisten in Ost-Berlin. Dies „würde nahelegen, die ersten und zweiten Fernsehketten der beiden Staaten miteinander verschmelzen zu lassen“, so eine gemeinsame Erklärung. Dann wäre aus frequenztechnischer Sicht noch genügend Raum für regionale Programme und private Anbieter.

dpa/ap

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