Washington will Iran gezielt strafen: USA suchen nach klugen Sanktionen
Die US-Regierung will das Regime in Teheran unter Druck setzen, ohne das Volk zu bestrafen. Der US-Kongress hat sich bereits für erste Sanktionsmaßnahmen ausgesprochen.
BERLIN taz | Die US-Regierung erwägt derzeit neue Sanktionen gegen den Iran, die vor allem Personen betreffen sollen, die an der Repression gegen die Opposition beteiligt sind. Einem Bericht der Zeitung Washington Post zufolge stehen dabei führende Mitglieder der Revolutionsgardisten ganz oben auf der Liste. Die Garde spielt auch in der iranischen Politik und Wirtschaft eine immer stärkere Rolle.
Mitarbeiter der US-Regierung betonen jedoch, dass es sich bei möglichen neuen Sanktionen nicht um eine Reaktion auf das jüngste harte Vorgehen des Regimes gegen Demonstranten handele, sondern um eine Antwort auf die Haltung der iranischen Regierung im Atomkonflikt. Die US-Regierung hatte dem Iran eine Frist bis Jahresende gesetzt, um die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die bisher diskutierten wirtschaftlichen Sanktionen sollen dazu dienen und nicht die iranische Regierung für ihr Atomprogramm oder das Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung bestrafen.
Das zeitliche Zusammentreffen mit der blutigen Gewalt in diesen Tagen sei rein zufällig, zitierte die Washington Post einen Regierungsmitarbeiter. "Das hat nur dazu beigetragen, die Natur des Regimes bloßzustellen."
Dennoch bedeuten die Überlegungen in Washington eine Art Balanceakt. Der Kongress hat sich nämlich bereits dafür ausgesprochen, Firmen zu bestrafen, die raffiniertes Petroleum in die Islamische Republik exportieren. Der Iran ist zwar ein Erdölförderland, verfügt aber nicht über genügend Kapazitäten für die Weiterverarbeitung. Daher wird auch heute schon Benzin importiert, und der subventionierte Verkauf ist bereits rationiert. Wer etwa aus beruflichen Gründen einen höheren Bedarf hat, muss sich auf dem freien Markt zu höheren Preisen eindecken. Dies gilt nicht nur für Industrielle, sondern auch für Leute wie Taxifahrer oder kleine Gewerbetreibende. Offenbar versucht die US-Regierung zu vermeiden, mit neuen Sanktionen die Bevölkerung als Ganzes zu treffen.
Unterdessen berichten iranische Medien, Senator John Kerry habe in seiner Funktion als Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses vergangene Woche eine formelle Besuchsanfrage in Teheran gestellt. Dies wäre der erste Besuch eines hochrangigen amerikanischen Politikers seit der Revolution von 1979. Doch nach der jüngsten Eskalation der Gewalt auf den Straßen Teherans und anderer Städte könnte ein solcher Besuch zum jetzigen Zeitpunkt in den Augen der Opposition als eine Unterstützung für das Regime angesehen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen