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Was passive Bewaffnung ist

■ Neue Gesetze zum Schutz vor Bonbon–Werfern

Wieder einmal konnten sich CDU und FDP über die Beschneidung der Demonstrationsrechte in diesem freiheitlichen Land nicht einigen. Dies ist nicht verwunderlich. Die Gesetzesvorlagen sind wirr und fast beliebig deutbar. Was hat man beispielsweise unter der sogenannten „passiven Bewaffnung“ zu verstehen? Ist ein Demonstrant, der eine Zündholzschachtel bei sich trägt, ein potentieller Pyromane? Ist eine Tüte Bonbons, mit denen man, statt sie zu lutschen, Polizisten bewerfen kann, ein Indiz für ein Bonbon–Bombenattentat? Bange Fragen. Kein Wunder, daß über die passive Bewaffnung, die ja auch einen profanen Zahnstocher betreffen kann, ebenso wenig Einigkeit herrscht wie über Strafbarkeit für die „öffentlichen Befürworter“ der Gewalt. Gesetzt den Fall, das Gesetz träte in Kraft, so bliebe unserem freiheitlichen Staat keine andere Wahl, als die Polizei, die bekanntlich gewalttätiger als alle anderen Demonstranten auftritt, zu verhaften. Die Wiederholungsgefahr ist eine heikle Frage, weil allein der angeblich allwissende Allmächtige vor der Wiederholung des Landesfriedensbruchs festzustellen vermag, ob von irgendwem der Landesfriedensbruch wiederholt werden wird. In Anbetracht dieser verzwickten Sachlage kann man der Regierungskoalition nur den Rat geben, gemäß dem Grundsatz zu verfahren, daß jeder Demonstrant, der auf den Straßen dieses freiheitlichen Staates demonstriert, prinzipiell der Schuldige ist. Gisela Elsner

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