Was kommt nach Asbest?

■ Künstliche Mineralfasern, einst hochgelobe Alternative, sind auch nicht ungefährlich

Die Gefahren von Asbest sind mittlerweile bekannt. Im Baugewerbe werden jetzt andere Dämmaterialien verarbeitet: Glaswolle, Steinwolle und Keramikfasern. Diese künstlichen Mineralfasern wurden zunächst als die unbedenkliche Alternative zu Asbest gepriesen – doch aus den Reihen der IsoliererInnen häufen sich die Klagen über Krankheiten. Deshalb hat der Landesverband Niedersachsen/Bremen der IG Bau-Steine-Erden jetzt zur ersten Fachtagung über die Gefährdungspotentiale der künstlichen Mineralfasern nach Bremen eingeladen.

„Grundsätzlich sind alle Dämmstoffe gesundheitsgefährdend: Wegen der Staubentwicklung bei der Verarbeitung sind sie alle haut- und lungenschädigend“, sagt Jörg Dalibor, Landessekretär der Gewerkschaft. Daher versucht die IG Bau-Steine-Erden jetzt durch die Aufklärung über Gefährdungspotentiale und Schutzmöglichkeiten, die Sicherheit der ArbeiterInnen zu optimieren. Da die meisten KollegInnen gar nicht wüßten, welchen Gefahren sie sich aussetzen, hat die Gewerkschaft IG Bau-Steine-Erden die verschiedenen Stoffe zur Tagung mitgebracht und handgreiflich erklärt, wie man die Matierialen am sichersten verarbeitet.

Genau diese Aufklärung im Arbeits- und Gesundheitsschutz fordert die Gewerkschaft auch von den Betrieben, ebenso wie die Bereitstellung von entsprechender Schutzbekleidung. „Fairerweise muß man sagen, daß die großen Betriebe die Sicherheitsvorschriften einhalten; die kleinen Betriebe machen uns mehr Probleme“, berichtet der Gewerkschaftssekretär .

Zwei Tendenzen in der Bauindustrie verschärfen die Problematik: Die wachsende Zahl der osteuropäischen ArbeiterInnen ist noch weniger informiert als ihre deutschen KollegInnen und immer mehr Betriebe lassen ihre MalerInnen oder DachdeckerInnen die Isolierarbeiten gleich mit ausführen. „Ein zusätzliches Geschäft: Ein Isolierer verdient 23,50 Mark in der Stunde, ein Maler nur 19 Mark. Den Kunden wird trotzdem der höhere Preis berechnet“, kritisiert Gewerkschafter Jörg Dalibor.

In Bremen wurden bisher offiziell noch keine berufsbedingten Krankheiten, verursacht durch den Umgang mit künstlichen Mineralfasern, anerkannt, die Gewerkschaft aber ist überzeugt, daß es solche Fälle gibt. Das Problem ist das gleiche wie bei Asbest: Es gibt zwar gesetzliche Grenzwerte, deren Kontrolle ist jedoch beinahe unmöglich.

Die Gewerkschaft setzt deshalb auf die Sensibilisierung für das Problem. „Auch bei Asbest wären weniger Krankheiten entstanden und weniger Menschen gestorben, wenn der Arbeitsschutz besser gewesen wäre“, sagt Jörg Dalibor. Dieser Fehler solle nicht noch einmal wiederholt werden.

Elke Gundel