■ Was bringt ein Embargo gegen Kroatien?: Sanktionen sind kein Allheilmittel
Würden Sanktionen gegen die Republik Kroatien deren militärische Unterstützung der bosnisch-herzegowinischen Kroaten beenden? Würden sie das Leid der muslimischen Bevölkerung der Dreivölkerrepublik vermindern helfen? Würde ein Frieden auf dem Balkan näher rücken? Ein Jahr UN-Blockade konnte die serbische Aggression in Bosnien nicht stoppen. Und der serbische Präsident Slobodan Milošević, nach wie vor der Haupt-Kriegstreiber auf dem Balkan, kann mit den Sanktionen offenbar ganz gut leben. Solange nämlich die BürgerInnen Rest-Jugoslawiens tagtäglich mit der Beschaffung des Lebensnotwendigen beschäftigt sind, werden sie weder die Zeit noch die Energie haben, das wendekommunistische Regime in Belgrad zu stürzen.
Das Embargo hat zu einer in Serbien und Montenegro bis dato unbekannten Massenarmut geführt. Und die verschiedenen Fraktionen innerhalb des serbischen Lagers rückten unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft gar noch enger zusammen, bündelten ihre Kräfte, während es den Vereinten Nationen nicht einmal gelang, die UN-„Schutzzonen“ für die bosnischen Flüchtlinge zu sichern. In Kroatien, wo nach wie vor ein großer Teil der Bevölkerung unter dem Trauma des Angriffs der serbisch kontrollierten „Jugoslawischen Volksarmee“ vor zwei Jahren steht, würde sich dieser Effekt im Falle wirtschaftlicher Sanktionen noch potenzieren.
Weil die supranationalen Organisationen nicht wirklich eingreifen wollten, belegten sie die serbischen Aggressoren mit einem Embargo. Die Frage, ob die jeweiligen Maßnahmen dazu angetan sind, reale Probleme zu lösen, wurde und wird, wie das kroatische Beispiel zeigt, nicht gestellt. Dabei fehlt es nicht an Maßnahmen, die eine aktive internationale Gemeinschaft ergreifen könnte. Ein erster Schritt wäre die aus ex-jugoslawischen Oppositionskreisen schon seit Kriegbeginn geforderte „Medien-Intervention“. Nachrichten, die nicht von den nationalistischen Machthabern in Zagreb oder Belgrad zensiert und damit ihren jeweiligen strategischen Bedürfnissen angepaßt werden, könnten die friedensbereiten Teile der ex-jugoslawischen Bevölkerung aktivieren. Und diese Menschen sind die einzige Kraft, die den Krieg im ehemaligen Jugoslawien beenden könnten, nachdem die Möglichkeit einer internationalen militärischen Intervention offensichtlich vom Tisch ist. Rüdiger Rossig
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