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■ Warum der Solidaritätszuschlag doch nicht gesenkt wirdStreit mit absehbarem Ergebnis

Als das Fernsehmagazin „Monitor“ jüngst die Erhebung einer Ausreisesteuer ankündigte, hagelte es empörte Anrufe beim Bundesfinanzministerium. Womit erwiesen wäre, daß die Bürger der Bundesregierung mittlerweile mehr zutrauen, als sie sich selbst traut. Wer wagte beim Thema Finanzen noch zu unterscheiden, wo der Sachverhalt endet und die Satire beginnt, wer kann noch verläßlich Fakten von Fiktionen trennen? Und wer glaubt den Propheten noch, die in der eigenen Koalition nichts mehr gelten? Da verkündet die FDP die Senkung des Solidarzuschlags. Die CDU hat zugestimmt. Widerwillig zwar, aber immerhin, vereinbart ist vereinbart. Also freut sich der Bürger, die Senkung kommt.

Zu früh gefreut. Denn die SPD wird das Einkommenssteuerpaket, zu dem diese Maßnahme gehört, im Bundesrat zu Fall bringen. Eigentlich könnte die Koalition es dabei belassen, denn für ihre Verhältnisse hätte sie schon viel erreicht. Sie wäre nicht nur einmal mehr gescheitert, sondern könnte dafür einen Schuldigen benennen, die SPD sogar – was wollte sie mehr.

Doch die FDP wäre nicht eine Ein-Punkt-Partei, wenn sie nicht wie Rumpelstilzchen auf diesem Punkt herumtanzen würde. Deshalb will sie den Solidaritätszuschlag als Einzelgesetz durchpeitschen und nimmt dafür den Unwillen des Koalitionspartners in Kauf. Der wollte es eigentlich beim einmaligen Scheitern bewenden lassen, da ihn das zweite in ein schlechtes Licht rücken wird. Denn zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Bundesrat müssen die CDU-Ministerpräsidenten der neuen Länder mitstimmen. Doch die brauchen den Solidaritätszuschlag für ihre Länderhaushalte.

FDP-Wirtschaftsminister Rexrodt sieht in diesem Fall die Koalition bereits in Frage gestellt. Doch dürfte er die Antwort darauf bereits kennen: Koalitionsvereinbarungen werden halt zwischen Regierungspartnern, nicht mit Ministerpräsidenten getroffen. Auf deren Verhalten haben Parteivorsitzende bekanntermaßen nur begrenzten Einfluß. Das mußte einen Sommer lang Scharping mit Schröder erfahren – das gilt genauso, wenn sich in diesem Sommer Kohl mit Biedenkopf anlegen wollte. Scharping ist an Schröder gescheitert, Kohl wird den Konflikt erst gar nicht suchen – zumal ihm die Verhinderung der Soli- Senkung nicht ungelegen kommt.

Soweit eine Fiktion der kommenden Monate – oder sind es Fakten? Dieter Rulff

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