■ Warten aufs Endlager: Radioaktive Rache
Seit Jahren versucht der Senat den Eindruck zu erwecken, als ob die Entsorgung radioaktiven Mülls geklärt sei. Doch schon die Lagerung kontaminierter Kittel aus Krankenhäusern oder mittelradioaktiver Strahlenquellen von Röntgenärzten verursachen so viele Probleme, daß immer wieder gepfuscht werden muß. Verhandlungen mit dem Endlager Morsleben über eine „Entsorgung“ der in Beton gegossenen Abfälle sind überraschenderweise noch gar nicht begonnen worden. Das mag zwar nicht die Schuld der Berliner sein – schließlich kann der Senat nichts dafür, wenn eine notwendige Gebührenordnung möglicherweise erst in einem Jahr verabschiedet wird. Doch nun sollen privatrechtliche Verträge jene Verordnung vorwegnehmen, über die der Bundesrat erst entscheidet.
Mit einem behelfsmäßigen Vertragswerk reiht sich der Berliner Senat peinlicherweise nahtlos in die Kette von Provisorien ein, mit der die Atomwirtschaft ständig herumhantiert. Schon das Endlager Morsleben hat keine Betriebsgenehmigung nach üblichem bundesdeutschen Verfahren. Die Betriebserlaubnis ist gemäß Einigungsvertrag erteilt worden. Die Frage, ob Morsleben nach dem Jahr 2000 als Endlager überhaupt zu gebrauchen ist, muß erst noch in einem Planfeststellungsverfahren geklärt werden. Kein netter Zug des Senats, die Berliner Strahlenfässer in die Erdlöcher von Sachsen-Anhalt kippen zu wollen. Doch die Sorglosigkeit der Regierenden rächt sich schon jetzt: Mit den Planungen und möglicherweise auch mit dem Bau eines zweiten Atommüllagers muß auf dem Hahn-Meitner-Gelände begonnen werden. Denn selbst Verhandlungen über provisorische Verträge brauchen ihre Zeit. Dirk Wildt
Siehe Bericht Seite 18
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