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Archiv-Artikel

Warnstreik im Flüchtlingslager

Nach dem erfolgreichen Streik im Flüchtlingslager Blankenburg protestieren jetzt auch im Ausreiselager Bramsche-Hesepe zahlreiche AsylbewerberInnen: Sie fordern besseres Essen und menschenwürdige Wohnungen

Rund 70 AsylbewerberInnen aus der „Zentralen Aufnahmestelle“ (ZAAB) Bramsche-Hesepe protestierten gestern mit einem Warnstreik gegen die Verpflegung und Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Kurz vor der vorgesehenen Essenausgabe in der Kantine führten die Flüchtlinge eine Protestaktion vor den Toren der ZAAB durch. Auf Transparente hatten sie Forderungen wie „Kantine weg, Erpressung weg“ geschrieben – eine Anspielung auf die im Lager verbreitete Praxis, mangelnde Bereitschaft zur „freiwilligen Ausreise“ mit Leistungsentzug zu ahnden.

Unterstützer erschienen zu der Protestaktion und übergaben den Flüchtlingen Lebensmittelspenden. Im Anschluss demonstrierten die Asylbewerber durch Bramsche. Unter ihnen Leyla S., eine syrische Kurdin, die seit zwei Jahren in dem Lager lebt. Sie meidet die Kantine schon seit langem. Von den 57 Euro Taschengeld, die sie monatlich für sich und ihren Sohn erhält, kauft sie Lebensmittel im Supermarkt. Gekocht wird auf einer kleinen Platte im Zimmer. „Das Geld reicht für etwa zehn Tage. Danach müssen wir doch wieder in der Kantine essen.“ Dort jedoch, sagt sie, sei das Essen einfach ungenießbar. Selbst kochen zu können, ist aber nicht alles, was die Flüchtlinge wollen. „Wir wollen auch keine Lager, sondern menschenwürdige Wohnungen – wie jeder andere auch“, heißt es auf der Demo.

Nach wochenlangem Boykott von Kantinenessen und 1-Euro-Jobs hatte bereits die Lagerleitung des Ausreiselagers Blankenburg Anfang November einen „Runden Tisch“ unter Beteiligung der Flüchtlinge angekündigt, an dem die Streikforderungen verhandelt werden sollen (taz berichtete). Auch der Rat der Stadt Oldenburg berät derzeit Entwürfe einer Resolution, die die Flüchtlingsforderungen unterstützt. Nach Einschätzung von Ralf Briese, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag und Oldenburger Ratsmitglied, sei damit zu rechnen, dass auf der Ratssitzung am 20. November die Einsetzung einer unabhängigen Kommission beschlossen wird, die den Vorwürfen der protestierenden Flüchtlinge nachgehen soll.

Beim Ausreiselager Bramsche-Hesepe handelt es sich um eine Außenstelle der Blankenburger Ausreiseeinrichtung – beide unterstehen derselben Verwaltung. Für Blankenburg beschlossene Verbesserungen würden daher voraussichtlich auch in Bramsche-Hesepe zur Anwendung kommen. CHRISTIAN JAKOB