: Warnstreik gegen „Uni-Deform“
■ StudentInnen der Uni Bremen wollen statt Seminare „kritische Uni“ besuchen
In der nächsten Woche wird an der Uni Bremen nicht fürs Studium gelernt, sondern für das Studi-Leben gestreikt. Eine gut besuchte Vollversammlung der StudentInnen beschloß gestern nachmittag in der Uni-Mensa mit großer Mehrheit, während der ohnehin geplanten „Aktionswoche“ vom 6. bis 10. Dezember keine Uni-Veranstaltungen zu besuchen oder zuzulassen. Mit einem „aktiven Streik“ wollen die Studierenden gegen die Umsetzung der bundesweiten Hochschulreform protestieren und ihre Gegenvorschläge einer „kritischen Universität“ diskutieren.
Mehrere hundert StudentInnen waren in der Mensa zusammengekommen, um ihrem Unmut Luft zu machen. VertreterInnen der einzelnen Fachbereiche berichteten von den Vollversammlungen ihrer Institute: bei den allermeisten lautete die Forderung: „Streik“. Nach einem „Zukunftsforum“ heute um 15 Uhr wollen die Studis in der nächsten Woche über die Situation an den Fachbereichen und über die Aussichten nach der Studienreform diskutieren: das nämlich heißt „aktives Streiken“, nicht einfach Ausschlafen. Direkt im Anschluß an die Versammlung wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit den Schwerpunkten der nächsten Woche beschäftigen sollen: AG's zur Studienreform, zur Diskussion mit ProfessorInnen, zur Demo-Vorbereitung und zur Gründung von Streik-Cafes. Eine AG will sich auf das „Sprengen von Veranstaltungen spezialisieren“ – schließlich soll es keine Ablenkung durch Seminare geben. Auch in der Stadt wollen die Studis ihren Forderungen Nachdruck verleihen: so wird daran gedacht, in Straßenbahnen zu demonstrieren oder „mit einer Radtour um den Stern herum“ den Verkehr lahmzulegen. Nächsten Donnerstag wollen die Studis zum Wissenschaftssenator ziehen und von ihm Garantien verlangen, daß es keine Gebühren und keine Exmatrikulationen geben werde.
Wie in Berlin, München, Köln, Münster und anderen Universitäten wehren sich die Studierenden gegen die Umsetzung des „Eckwerte- Papiers“ der Kultusminister zur Studienreform. Ziel der Reform ist es, die Diplom- und Magisterstudiengänge als „berufsqualifizierend“ stärker von den „akademischen“ Studien zu trennen, den Stoff zu verringern und damit das Studium zu verkürzen. Wem dies nicht gelingt, dem drohen Studiengebühren und Zwangsexmatrikulation. Die Bremer StudentInnen protestieren in einem 10-Punkte-Papier der „Alternativen Eckwerte“ gegen ein „berufsqualifizierendes Schmalspurstudium“, das zur „Fachidiotie“ erziehe und die „Studierenden nach rein wirtschaftlichen Verwertungsinteressen aufteilt in akademisches Fußvolk und wissenschaftliche Elite“. Dagegen setzen sie ihre Vorstellung eines „Freien Studiums“: „Es muß mehr Erstsemester-Tutorien geben. Die einzelnen Seminare sollten nicht von der Studienordnung vorgeschrieben sein, sondern die Studis sollten sich abstimmen, welches Thema sie behandeln wollen“, sagt Elke Gundel vom Arbeitskreis „Stuga-Politik“ des Asta.
„Ich glaube nicht, daß die Studenten das Eckwerte-Papier richtig gelesen haben“, meint Jutta Symottek vom Bildungssenator. „Das mit den Gebühren und Exmatrikulationen ist ein Popanz. Senator Scherf hat zugesagt, daß es mit ihm keine Studiengebühren geben werde. Alle diese Maßnahmen sind auch erst vorgesehen, wenn die Reform zur Entrümpelung der Studiengänge gegriffen hat.“ Mit dem Streik, so Symottek, schadeten sich die Studis nur selber. Das hatte auch die Vollversammlung der Uni kurz diskutiert, dann aber beschlossen, daß der Streik öffentlichen Druck machen solle: „Wir werden nicht alles schlucken.“
bpo
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