"Walküre"-Regisseur Singer: Der Blockbuster-Typ
Bryan Singer, Regisseur von "Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat" mit Tom Cruise, mag Heldenfilme: "Superman: Man of Steel" ist eines seiner nächsten Projekte.
Eigentlich, so gestand der Regisseur Bryan Singer unlängst der New York Times, habe er sich auf die Gelegenheit gefreut, einen kleinen Film zu machen. "Aber ich habe sie verpatzt." Dass Vorhaben und Ergebnis im Fall von "Operation Walküre" nicht zur Deckung kommen, lag nicht nur an den geschätzten 90 Millionen Dollar Produktionskosten, an den Startverschiebungen, an den Gerüchten um Nachdrehs oder am Streit über historisch authentische Drehorte in Berlin. Es lag vor allem am Mann mit der Augenklappe: Tom Cruise, Hauptdarsteller, Produzent und treibende Kraft hinter "Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat". Wo Cruise draufsteht, ist das Wort "klein" vom Drehort verbannt.
Nun darf man die Äußerung Singers nicht als Distanzierung von seinem Star missverstehen. Der 43-jährige Regisseur hat in den vergangenen acht Jahren wenig anderes gemacht, als für Hollywood Großprojekte am Fließband zu verwirklichen: "X-Men", "X-Men 2", "Superman Returns", mehrere hundert Millionen Dollar schwere Blockbuster. Als ihm das "Walküre"-Drehbuch angeboten wurde, hat Singer wohl auch deshalb angebissen, weil das Projekt ihm in der Budgetplanung als willkommene Abwechslung erschien. Das änderte sich, als Cruise ins Spiel kam. "Vielleicht habe ich durch diesen Film entdeckt, dass ich einfach ein Blockbuster-Typ bin", kommentiert Singer trocken.
Selbsterkenntnis ist ein durchgehendes Motiv in den Filmen von Singer, der schon als Jugendlicher mit einer Super-8-Kamera experimentierte, wofür er seinen Schulfreund Ethan Hawke einspannte. "In all meinen Filmen geht es um Identität. Um Figuren, die nicht sind, was sie zu sein vorgeben", erklärt Singer. In "Die üblichen Verdächtigen", seinem Oscar-prämierten zweiten Spielfilm, tappt ein Polizist im Dunkeln über die wahre Identität seines Gegenübers. In "Der Musterschüler" entpuppt sich der freundliche Nachbar als Nazikriegsverbrecher. Gespielt wird er mit diabolischem Understatement von Ian McKellen.
In "X-Men", der Comic-Verfilmung um genmutierte Superhelden, übertrug Singer McKellen die Rolle des "Magneto", der zum Superschurken wurde, weil er als jüdischer Überlebender der Vernichtungslager einst schwor, sich nie wieder einsperren zu lassen. Singer, selbst jüdischer Abstammung und schwul wie der Gay-Aktivist McKellen, hat am Schicksal der "X-Men" also mehr als nur ein Comic-Fan-Interesse. Dass die Hauptrolle von "Operation Walküre" nun ausgerechnet dem verbissen mit sich selbst identischen Cruise zufiel, lässt für den Film, der hier im Januar in die Kinos kommt, wenig Gutes erwarten.
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