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Waigel muß den Ostvulkan bezahlen

■ Bundesregierung und Mecklenburg-Vorpommern streiten über die Finanzierung einer Auffanggesellschaft für die Vulkan-Ostwerften. Die Bremer Muttergesellschaft ist damit endgültig pleite

Bremen/Bonn (AP/rtr/dpa) – Der Vergleichsverwalter Kurt Wellensieck darf noch bis Ende Mai weiterverhandeln. Doch seit diesem Wochenende sind die Chancen einer Einigung verschwindend gering geworden. Am Freitag abend hatte eine kurze Pflichtmitteilung an die Börse das endgültige Ende des Vulkan Verbundes eingeleitet. Lakonisch teilte der Konzern mit, das noch am 1. Januar 1995 ausgewiesene Eigenkapital von 1,369 Milliarden Mark sei nunmehr aufgezehrt. Schuld daran ist die von den Finanz- und Wirtschaftsministern in Schwerin und Bonn beschlossene Abkopplung der Vulkan-Tochterwerften in Ostdeutschland. Der plötzliche Substanzverlust erhöht die Schulden um weitere 750 Millionen Mark auf die Gesamtsumme von 1,5 Milliarden Mark.

Bremens Bürgermeister Scherf will trotzdem Mitte April ein „Auffangkonzept“ vorstellen. Selbst wenn ein Vergleich zustandekomme, sei ein „Anschlußkonkurs“ für gewiße Restbestände wohl unvermeidlich, meint Scherf, „das haben alle gewußt“. Neu sei aber auch für ihn, daß das Eigenkapital schon jetzt verloren sei.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Ringstorff rühmt sich derweil, daß die Zwangsvollstreckung der Volkswerft in Stralsund abgewendet sei. Vor der Krisensitzung mit den Bundesministern Waigel und Rexrodt, zu der Ringstorff am Donnerstag nach Bonn fuhr, hatte die Treuhandnachfolgerin BvS die Liquidierung der Werft vorgeschlagen. Nun soll eine Auffanggesellschaft alle ostdeutschen Vulkan- Reste übernehmen. Mit Grundstückskäufen will das Land Geld zuschießen, für den Rest steht der Bund gerade – damit sind die Löhne nächsten Monat gesichert.

Doch kaum beschlossen, ging der Streit ums Geld erst richtig los. Über die Dauerfinanzierung der Auffanggesellschaft soll erst nach Ostern entschieden werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Seite wirft der Bundesregierung vor, sie wolle sein Bundesland zur Hälfte an den auf eine Milliarde Mark geschätzten Lasten beteiligen. Das sei weder rechtlich vertretbar noch könne das Land dieses Geld aufbringen. Auch an den 850 Millionen Mark, die in den Vulkan-Kassen versickert sind, aber in den Büchern der Ostwerften als Subventionsguthaben stehen, könne sich Mecklenburg-Vorpommern nicht beteiligen. Lediglich Über einen „Auffüllbetrag von 150 Millionen“ lasse er mit sich reden, da die Unternehmen inzwischen mindestens eine Milliarde Mark an Zuschüssen bräuchten. Rexrodt will das Unternehmenskonzept noch einmal überprüfen. Er meint, da stecke noch einige „Brisanz“ drin.

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