■ Wahre Kolumne: Schweinepestige Schinken
Irgendwann in den nächsten Tagen wird der Herrgott Gülle regnen lassen über sein verderbtes Volk im Landkreis Vechta. Dort wurde jetzt der ghanesische Flüchtling Charles Keutel inhaftiert und deportiert, obwohl er sich bereits seit zehn Jahren erlaubt und geduldet in der Schweineprovinz aufhielt und damit unter die „Altfallregelung“ von mindestens 8 Jahren legaler Aufenthaltszeit fiel. Im Innenministerium zu Hannover fand dann aber ein furchtbarer Logiker heraus, daß Keutel von diesen zehn Jahren drei Jahre mit einer Deutschen verheiratet war und somit nur sieben Jahre als Flüchtling in diesem Lande lebte. Für sowas fühlen sich die Giftgas-Sekten aus Japan natürlich wieder unzuständig!
Und nochmal Vechta: Zuständig fühlt sich dort die evangelische Kreissynode für „neue Wege im Umgang mit der Schweinepest“, worunter zu verstehen ist, daß die Lutherböcke im katholischen Landvolk auf Bauernfang gehen mit der Forderung, die schweinepestigen Schinken künftig „nach Einsatz bewährter Impfstoffe“ doch noch in den Handel zu bringen. Bruder Schwein darf dann weiter in den Folterställen vegetieren, solange der Tierarzt mit dem Spritzen nachkommt.Pfui Teufel!
Zum Motorradgottesdienst in Osnabrück laden für kommenden Sonntag Pastor Ulrich Schürmann, der TÜV(!) und fünf Fahrschulen(!) ein. Nach dem Abendmahl gibt's Geschicklichkeitsfahren, und aus der Kollekte sollen Leitplankenkollektoren gekauft werden, um das Verletzungsrisiko für den handelsüblichen Easy Rider herabzusetzen. Der Herr über Leben und Tod da droben, der lacht sich eins über diese schwarze Messe und holt die Bleifuß-Ministranten dennoch unverzüglich in sein Reich. Halleluja!
Im Prominenten-Porträt des Weserreport bekundet Polizeipräsident Rolf Lüken, denjenigen gern zum Essen einladen zu wollen, der schlecht über ihn redet. Hier bin ich, Rolfi!
In Bremerhaven spricht Sonntag der Bürgermeister von Bremen das Wort zum Sonntag zu rund 1.000 Mitarbeitern der Bremer Lagerhausgesellschaft, die dafür aus dem Geldcontainer des landeseigenen Unternehmens ein Begrüßungsgeld von 75 Mark erhalten. Empörung darüber aus gewissen linken Ecken ist gänzlich unangebracht: Zur Ansprache von Honecker des Metallurgen in Eisenhüttenstadt gab's auch für jeden Teilnehmer ein Netz mit Orangen und fünf Bananen Handelsklasse II.
Im Happy Weekend werden strammen Fickern geile Paare mit Gesundheitspaß und Niveau für perverse Spiele ohne Tabus gesucht. Der Inserent im bremischen Heile-Gänschen-Magazin aber sucht unter Chiffre „Tantra-wirklich nette Leute gesucht!“ Vive la difference!
Seit Mittwoch ist der Frühling eingekehrt und mit ihm vermutlich auch bei den Rüstigen unter uns die dazugehörigen Gefühle. Will man sich dem geliebten Jemand/der geliebten Jemandin erklären, so kann oft ein Gedicht die Leidenschaft entfachen. Was aber, wenn es an eigenen Worten voll taumelnd-süßer Torheit gebricht und das schiere Abschreiben von anderen Autoren nicht individuell genug erscheint? Im Weserkurier offeriert jetzt ein unbekannter Poet aus seiner Dachkammer heraus „Gedicht zu allen Gelegenheiten“. Pro Zeile wird von diesem Service gerade mal eine Mark verlangt, so daß man nach diesem Tarif Ringelnatzens „Ich habe dich so lieb“ glatt für den Gegenwert von zwei Kinokarten bekommen hätte. Für kommunikative Notfälle hier in aller Zuneigung die richtige Nummer: 0421/357732. Bei eventuellen Folgen stehe ich als guter Patenonkel gern zur Verfügung!
Ulrich Reineking-Drügemöller
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