Wahlkampf : Reinen Wein in Augen streuen
Eine Kapitulationserklärung habe der Bürgermeister abgegeben, findet Hamburgs SPD-Parteichef Mathias Petersen. Der Wirtschaft „Schwung zu geben, ohne soziale Errungenschaften über Bord zu werfen“ sei die zurzeit größte politische Herausforderung, der sich auch der Hamburger CDU-Regierungschef zu stellen habe. Anlass für Petersens Empörung ist ein Interview von Ole von Beust in der gestrigen Welt. Dort stellte er mit Blick auf die Neuwahlen zum Bundestag klar: „Soziale Dinge können wir uns wieder leisten, wenn es uns besser geht.“ Das aber sei auch mit einer CDU-Bundesregierung auf die Schnelle nicht zu erwarten: „Es wird eine unglaublich harte Zeit“, prophezeit von Beust. Deshalb sei es besser, den BürgerInnen im Vorwege „klar“ zu benennen, was alles ihnen hinterher „weh tun“ werde: „Wir müssen den Bürgern reinen Wein einschenken.“
Petersen findet hingegen, der Bürgermeister wolle den Menschen eher „Sand in die Augen streuen“. Und zwar zuvörderst den Eltern, die jetzt Gebühren für die Schulbücher ihrer Kinder zahlen müssen sowie denjenigen in den Stadtteilen, die die Schließung ihrer Bücherhalle oder ihres Schwimmbades hinnehmen müssen. Auch an die Kürzungen des Hamburger Senats in der Arbeitsmarktpolitik und die Schließung von Frauenhäusern erinnert Petersen und folgert: „Wenn Ole von Beust soziale Politik als Sozialklimbim ansieht, ist das der Zynismus eines Machtmenschen.“
Beust hingegen räumt ein, dass einige der notwendigen Maßnahmen durchaus unpopulär sein könnten. Aber die Zeiten seien nun mal „schwierig und die Probleme gigantisch“. Um dem abzuhelfen, sei in erster Linie „Ehrlichkeit“ vonnöten. SMV