: Wahlkampf im Polizeiauto
■ CDU-Innenminister ließ Polizisten Wahlplakate im Dienst kleben und ersparte seiner Partei die Kosten
Magdeburg. Sachsen-Anhalts Innenminister Wolfgang Braun war schon in viele Skandale verstrickt. Bislang konnte er sie alle mehr oder weniger erfolgreich aussitzen. Jetzt muß sich der Hardliner in der CDU des Landes wieder mal ein bißchen fester an seinen Sessel klammern.
Am Wochenende kam eine Angelegenheit ans Tageslicht, die bislang streng gehütetes Geheimnis des Innenressorts und der Polizei war: Als Wolfgang Braun bei der Kommunalwahl im Frühjahr des letzten Jahres erfolglos für das Amt des Bürgermeisters kandidierte, ersparte er der frisch gewendeten CDU eine hübsche Stange Wahlkampfkosten. Für die Verbreitung seines Konterfeis im Stadtbild von Magdeburg sorgten Polizisten im Dienst.
Die Freunde und Wahlhelfer des damaligen Regierungsbevollmächtigten und heutigen Innenministers nutzten nicht nur ihre Dienststunden, sondern auch ihre Dienstwagen zum Plakatekleben. Der damalige Chef der Einsatztruppe bestätigte gegenüber dem Privatsender Radio ffn jetzt die Vorwürfe der Opposition, daß mindestens ein Polizist mit einem Streifenwagen als Plakatierer für Braun unterwegs war. Ein anderer Polizeioffizier will sogar mehrere Kollegen und Fahrzeuge bei der Wahlkampfhilfe gesehen haben: „Das waren unsere Kollegen — man kennt sich doch.“ Die Anweisung für die hilfreiche Aktion der Ordnungshüter sei von ganz oben gekommen, hieß es. Nämlich vom damaligen Chef der Bezirkspolizeibehörde, Joachim Stephan. Der wurde inzwischen als Stasi-Informant entlarvt und entlassen. Stephans damaliger Dienstvorgesetzter war der Regierungsbevollmächtigte und heutige Innenminister Wolfgang Braun. Nicht nur im Dienst, auch in der Politik stand man sich nahe. Der Bezirkspolizeichef war Mitglied im „Freundeskreis der CDU“.
Ob Braun die Wahlkampfhilfe in eigener Sache als Regierungsbevollmächtigter selbst angeordnet oder im Freundeskreis der CDU zumindest angeregt hat, steht noch nicht fest.
Der Minister hat bisher zu diesen Vorwürfen gegen ihn noch nicht Stellung genommen. Dazu wird er aber bald ausreichend Gelegenheit haben. Denn die Oppositionsfraktionen von Bündnis90/ Grüne und die Sozialdemokraten wollen die neue Affäre mit einer kleinen Anfrage vor den Landtag bringen. bl
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