Wahlergebnis in Nigeria endlich rechtmäßig: Später Triumph für Volkshelden
Nach langem Streit setzt sich Adams Oshiomhole als gewählter Provinzgouverneur durch. Er ist der führende Verteidiger der "kleinen Leute" gegen Nigerias korrupte Eliten.
LAGOS taz Nigerias Volksheld Adams Oshiomhole hat endlich recht bekommen. Am Mittwoch wurde er vor jubelnden Mengen als Gouverneur des Bundesstaates Edo eingeschworen. Zuvor hatte das Berufungsgericht des Bundesstaates den 55-jährigen ehemaligen Chef des nigerianischen Gewerkschaftsbundes NLC zum rechtmäßig gewählten Gouverneur erklärt. 19 Monate hatte Oshiomhole darauf warten müssen - seit den Wahlen in Nigeria im April 2007.
Damals wurde der Sieg bei der Gouverneurswahl im südostnigerianischen Bundesstaat Edo dem Kandidaten der Regierungspartei zugesprochen. Alle hatten aber einen Sieg von Oshiomhole erwartet. Denn er gilt als Kämpfer für die Massen in einem Land, in dem über zwei Drittel der 140 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze von einem US-Dollar am Tag leben. In der Bevölkerung gilt Oshiomhole als "Präsident des Volkes".
Zehn Jahre ist es her, dass in Nigeria Jahrzehnte der Militärdiktatur zu Ende gingen, aber heute können viele ihre Enttäuschung über ausgebliebene Verbesserungen nicht mehr verbergen. Sie werfen ihren Abgeordneten und politischen Führern Elitenklüngelei vor, egal ob von der Regierungspartei oder Opposition. Oft ziehen reiche Exmilitärs und etablierte Familien die Fäden der neuen Demokratie. Diese Elitenkruste kontrolliert den Zugang zu politischen Ämtern und damit zu lukrativen Staatsaufträgen.
2006 hatte die nigerianische Tageszeitung Guardian Oshiomhole zum Mann des Jahres gekürt. Denn "Hurricane Adams", einer seiner Spitznamen, führte Massenproteste gegen Benzinpreiserhöhungen an und erzielte zuvor als Unterhändler wesentliche Gehaltserhöhungen für die Arbeiter. Als Gewerkschafter war Oshiomhole in seinem Element. Ende der 60er-Jahre verlor der damals 16-Jährige kurzzeitig seine Arbeit in einer Fabrik, weil er angeblich zu kleinwüchsig war. Er behauptete sich kurze Zeit später bei einem spontanen Arbeiteraufstand und wurde bald hauptberuflicher Gewerkschaftler. Akademisches Wissen eignete er sich am Ruskin College im britischen Oxford an und wurde bester ausländischer Studierender. Ab 1982 führte er Nigerias mächtige Textilgewerkschaft an, die in ihren besten Zeiten über 200.000 Mitglieder führte. Heute finden in der Textilindustrie des Landes nur noch rund 20.000 Menschen einen Job. Die Jahrzehnte des wirtschaftlichen Niedergangs waren Folge von sich abwechselnden Militärherrschaften. In den 90er-Jahren kam Oshiomhole ins Gefängnis. Aber die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung hatte immer Geld im Tresor, um den Gewerkschaftler bei Gelegenheit freikaufen zu können.
Mit dem verspäteten Wahlsieg von Adams Aliyu Oshiomhole werden in Nigeria Hoffnungen wach. Wahlfälschung und Bestechung waren bei den Wahlen 2007 allzu offensichtlich. Eine Welle von Wahlanfechtungen vor Gericht bestimmt seither die nigerianische Politik. Fast ein Dutzend Gouverneurswahlergebnisse in den 36 Bundesstaaten wurden angefochten. Dazu kommt Streit um Abgeordnetenmandate, und eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Präsidentenwahl steht noch aus.
Als Oshiomholes Sieg verkündet wurde, stürmten in Edo Tausende die Straßen und wedelten mit Handfegern, dem Symbol der Partei AC (Action Congresss) von Oshiomhole. Er machte in einer energischen Rede klar, dass er sich seiner gewerkschaftlichen Tradition verpflichtet fühlt: Er versprach eine breite Gesundheitsversorgung, 10.000 Jobs, kostenlose Bildung und Kampf gegen Korruption. Nicht wenige erwarten nun seine Kandidatur für das Präsidentenamt. Die nächsten Wahlen gibt es 2011. HAKEEM JIMO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter