Wahlen im Sudan: Streit um Ergebnisse
Wahlkommission verzögert Ergebnisse wegen "komplizierter" Auszählung. Im Norden droht die Opposition mit Protest. Handfester Streit im Süden
Nachdem fast alle internationalen Wahlbeobachter Unregelmäßigkeiten bei Sudans Wahlen vergangene Woche moniert haben, zögert sich jetzt auch die Auszählung hin. Die Wahlkommission NEC sagte am Montag die für den gestrigen Dienstag geplante Ergebnisbekanntgabe ersatzlos ab. "Wir können kein endgültiges Datum festsetzen, denn die Auszählung ist sehr kompliziert", sagte NEC-Leitungsmitglied Hadi Mohammed Ahmed.
Im Sudan fanden vergangene Woche die ersten Mehrparteienwahlen seit 1986 statt. Weil alle Regierungsebenen gewählt wurden, gab es im Norden des Landes acht verschiedene Wahlgänge, im Südsudan mit seiner Autonomieregierung der ehemaligen Rebellenbewegung SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) sogar zwölf. Die Wahl zog sich deshalb ab 11. April über fünf Tage hin. Beobachter und lokale Medien meldeten zahlreiche Unregelmäßigkeiten: So hätten im Norden Wahlleiter viele Wähler angewiesen, ihr Kreuz beim Baumsymbol der regierenden Nationalen Kongresspartei (NCP) von Staatschef Omar Hassan al-Bashir zu machen. Ihr Wahlsieg sowie der der SPLM im Süden stand außer Zweifel, weil fast alle anderen Parteien zum Boykott aufgerufen hatten.
Die internationale Sudan-Troika aus den USA, Großbritannien und Norwegen äußerte am Montag "ernste Besorgnis" über den Verlauf der Wahl. Die US-Regierung sagte, die Wahl sei "nicht frei und fair" gewesen. Die russische Regierung meinte, nach afrikanischen Maßstäben sei die Wahl eher in Ordnung gewesen. Oppositionsparteien in Khartum erklärten, sie würden die Wahlen nicht anerkennen.
Erste Auseinandersetzungen gibt es jetzt im südsudanesischen Bundesstaat Unity, ein Zentrum der sudanesischen Ölindustrie. Hier besetzte gestern die Garde des SPLM-Provinzgouverneurs Taban Den Gai den Sitz der Wahlkommission, um diese zu zwingen, Taban zum Wahlsieger zu erklären. Nach Teilergebnissen lag Taban weit abgeschlagen hinter der unabhängigen Kandidatin Angelina Teny. Sie ist die Ehefrau von Südsudans Vizepräsident Riek Machar, der mit Südsudans Präsident Salva Kiir tief zerstritten ist; Taban wiederum steht Salva Kiir nahe. Der Wahlstreit in Unity ist somit ein erstes Signal eines Machtkampfes innerhalb der SPLM, die Südsudan nächstes Jahr eigentlich in die Unabhängigkeit führen will. Beobachter fürchten, ein unabhängiger Südsudan könnte rasch im Krieg versinken.
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