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Wahlbetrug war „kleinere Kröte“

■ Berghofer: Verfahren gegen Modrow ist deplaziert

Dresden (AFP) – Der frühere Oberbürgermeister von Dresden, Wolfgang Berghofer, hat den erneuten Wahlfälschungsprozeß gegen den ehemaligen DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow scharf kritisiert. Das Verfahren gegen Modrow und drei weitere Ex- Funktionäre sei deplaziert und könne die Wahrheit nicht offenlegen, sagte Berghofer am Freitag nach dem Verlassen des Gerichtssaals. Zu den Motiven Modrows hatte er am zweiten Verhandlungstag vor dem Dresdner Landgericht angeführt, bei den letzten DDR- Kommunalwahlen im Mai 1989 hätten die Verantwortlichen die „kleinere Kröte“ des Wahlbetruges schlucken müssen, um sich den Rücken für die Durchsetzung von Reformen im Lande freizuhalten. Berghofer widersprach der vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe vertretenen Einschätzung, Modrow habe aus eigennützigen Motiven gehandelt.

Der heute 53jährige Berghofer war vor drei Jahren selbst wegen Fälschung der letzten DDR-Kommunalwahlen in Dresden zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Zur Rolle des damaligen SED-Bezirkschefs Modrow sagte Berghofer, jeder müsse für sich selbst stehen. Modrow hatte gesagt, seine Schuld sei lediglich gewesen, die Fälschungen nicht verhindert zu haben. Berghofer hingegen hatte die Beteiligung an der Wahlfälschung zugegeben. In dem Prozeß sollten die Zeugenvernehmungen gestern nachmittag abgeschlossen werden. Die Plädoyers sind für kommenden Mittwoch vorgesehen. Das Urteil soll am kommenden Freitag verkündet werden.

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