■ Wahlbeobachter in Afrika: Feigenblatt für die Machthaber
Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Von einer Hilfe sind internationale Wahlbeobachter zu einer Belastung für die demokratische Opposition vieler Länder geworden. Wer Wahlen für gefälscht erkläre, riskiere den Ausbruch von Gewalt, haben Wahlbeobachter in verschiedenen Ländern im vertraulichen Gespräch zu bedenken gegeben, wenn wieder einmal ein Urnengang wenig oder nichts mit der Willensäußerung eines Volkes zu tun hatte. Die Überlegung ist verständlich und ehrenwert. Aber dann sollten die Konsequenzen gezogen werden und die Wahlbeobachter zu Hause bleiben.
Tansania ist ein besonders eklatantes Beispiel für die Nutzlosigkeit, zu der die ausländischen Zeugen sich selbst degradiert haben. Zu den Wahlen dort waren etwa 400 internationale Beobachter angereist. Vorwürfe lokaler Beobachter und oppositioneller Kandidaten vor allem in schwer zugänglichen Gebieten im Landesinneren, die massive Eingriffe in den korrekten Verlauf der Abstimmung beklagten, ließen sich wegen logistischer Schwierigkeiten kaum überprüfen. Weder Forderungen nach Neuwahlen noch auch nur nach Einsetzung einer Untersuchungskommission fanden bei tansanischen Institutionen Gehör. Dennoch urteilten jetzt 10 der 17 Geberländer in einer gemeinsamen Erklärung, das Ergebnis spiegele „im großen und ganzen“ den Willen der Bevölkerung wider. An die Stelle der Feststellung von Tatsachen ist damit die Verkündung von Glaubenssätzen getreten.
Der Verlauf der Präsidentschaftswahlen auf der Insel Sansibar wurde immerhin scharf kritisiert und das Ergebnis als „möglicherweise falsch“ bezeichnet. Der Protest hat einen Schönheitsfehler: Er erfolgte nach der Vereidigung des Präsidenten – also zu einem Zeitpunkt, zu dem gemäß der tansanischen Verfassung Wahlen nicht mehr angefochten werden können.
Tansania ist eines der politisch stabilsten Länder Afrikas. Wenn Wahlbeobachter es nicht einmal hier wagen, ihre Stimme zu erheben, dann nährt das den Verdacht, daß es westlichen Geberländern auf diesem Kontinent nicht um die Demokratie, sondern lediglich um die formale Akzeptanz ihres eigenen Systems geht. Dafür sollte sich niemand hergeben, der Achtung vor Reformern in Afrika hat. Deren Aufgabe wird nur erschwert durch Beobachter, auf die sich die jeweiligen Machthaber dann auch noch zum Nachweis ihrer demokratischen Gesinnung berufen können. Bettina Gaus
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