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Wahl nur ohne Karadžić

■ Bosnische Serben drohen mit Geiselnahmen im Falle einer Verhaftung

Sarajevo (dpa) – Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat den Rücktritt von Radovan Karadžić als Vorsitzender der Serbenpartei SDS bis zum neuen Beginn des Wahlkampfes in Bosnien am Freitag gefordert. Der Leiter der OSZE-Mission in Sarajevo, Robert Frowick, bekräftigte gestern die „prinzipielle Haltung“, daß Parteien mit angeklagten Kriegsverbrechern in Führungspositionen nicht am Wahlprozeß teilnehmen könnten. Die OSZE hatte am Wochenende entschieden, den Beginn des Wahlkampfes von gestern auf Freitag zu verschieben.

„Das ist keine Drohung an die SDS, damit soll die Sache ins reine gebracht werden“, sagte Frowick. Der Wahlprozeß müsse glaubwürdig sein, um eine Legitimation für die neuen politischen Institutionen nach der Wahl am 14. September zu erhalten.

Der französische Verteidigungsminister Charles Millon hatte am Sonntag abend in Sarajevo die Verhaftung des bosnischen Serbenführers durch die Ifor-Truppen angemahnt. Millon erklärte, Frankreich werde einen entsprechenden Appell an den UNO-Sicherheitsrat richten, damit die Verfahrensregeln geändert würden. Die Ifor solle offiziell ermächtigt werden, Jagd auf die mutmaßlichen Kriegsverbrecher Karadžić und dessen General Ratko Mladić zu machen. Millon sagte weiter, Frankreich werde die erforderlichen Truppen bereitstellen.

Der Architekt des Friedensabkommens von Dayton, Richard Holbrooke, ist gestern in Belgrad eingetroffen. Er wird mit dem serbischen Ministerpräsidenten Slobodan Milošević über eine mögliche Entmachtung Karadžić' verhandeln. Angesichts des zunehmenden Drucks auf eine Festnahme Karadžić' hat der Polizeichef der bosnischen Serben in Pale der internationalen Polizeitruppe IPTF mit Geiselnahme gedroht, sollte ein Versuch zur Gefangennahme von Karadžić unternommen werden.

Wie IPTF-Sprecher Alex Ivanko gestern in Sarajevo mitteilte, denke die UNO gegenwärtig darüber nach, welche Mittel dagegen eingeleitet werden könnten. „Es sieht so aus, als ob die Schonzeit zwischen der serbischen Führung in Bosnien und der UNO zu Ende geht“, sagte Ivanko. Konkrete Angaben über mögliche Maßnahmen machte er nicht.

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