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Wahl in Berlin: Die NeuenDie Zerrissenen

Erst dieses Jahr gründete sich die Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin – hinter verschlossenen Türen. Jetzt hat die Partei auch im Land 4,9 Prozent geholt.

In der Mitte: Beatrix von Storch Bild: Reuters

Kurz vor Mitternacht verliert Beatrix von Storch die Hoffnung. Natürlich sei es ein Erfolg, sagt sie: 4,7 Prozent, aus dem Stand! „Wer hätte uns das zugetraut?“ Aber glücklich wirkt die kleine Frau mit dem beigefarbenen Sakko nicht. Drei Zehntelprozente mehr, und von Storch, die jetzt auf der Wahlparty im Maritim-Hotel an der Friedrichstraße die Hochrechnungen verfolgt, säße im Bundestag. „So knapp, das ist natürlich besonders schade.“

Nicht nur im Bund: In Berlin holte die „Alternative für Deutschland“ (AfD), für die von Storch Co-Spitzenkandidatin war, sogar knapp mehr, 4,9 Prozent. Mehr als die FDP, mehr als die Piraten. Ein „historisch einmaliger Erfolg“, jubelte Landesvorstand Götz Frömming am Montag. Gerade in Berlin: „Für Liberalkonservative ja kein einfaches Pflaster.“

Vor allem der Westen hat AfD gewählt: 6,0 Prozent in Reinickendorf, 5,8 Prozent in Spandau, 5,3 Prozent in Steglitz-Zehlendorf. Aber auch in Marzahn-Hellersdorf holte die Neupartei 6,4 Prozent. An den Stadträndern hatte sie auch massiv plakatiert, während sie etwa Kreuzberg fast ganz aussparte. Ihr Wahlkampf kannte fast nur eine Forderung: raus aus dem Euro. Sonst zeigte man sich ambivalent. Politisches Asyl ja, hieß es. Nur kein „ungeordnetes Einwandern in unsere Sozialsysteme“.

Gewählt wurde die AfD vor allem von Älteren. Die stehen am Sonntag auch im Maritim. Anzugträger fast alle, zurückgekämmte Haare, gelöste Stimmung. 780 Mitglieder zählt der Landesverband aktuell – darunter viele Abtrünnige von FDP, CDU und Freien Wählern, einige offenbar auch von der rechten „Freiheit“.

Sie fühlen sich angezogen von Leuten wie dem Berliner Spitzenkandidaten Joachim Starbatty, einem emeritierten Wirtschaftsprofessor, der schon 1998 gegen die Einführung des Euros vorm Bundesverfassungsgericht klagte. Hinter dem Konsens der Eurokritik aber wird es brüchig.

Auf der Wahlparty treffen beim Rauchen vor der Tür rechte und linke AfD-Ausleger aufeinander. Schnell heizt sich die Stimmung auf, es wird geschrien, dann geht man sich lieber aus dem Weg. Er fürchte sich nicht vor dem Wort „rechts“, sagt ein Mitglied. Man müsse doch mal ansprechen dürfen, dass die „unkontrollierte Zuwanderung“ ein Problem sei. Die Hoffnung der Parteioberen auf die Europawahlen teile er nicht: „Das interessiert mich nicht. Dieses Europäische Parlament sollte es gar nicht geben!“ Ein anderes Mitglied erklärt, früher mal NPD, dann Linke gewählt zu haben. „Hauptsache extrem.“

Es sind diese Anhänger, die zur Belastungsprobe werden dürften. Nicht ohne Grund hatte sich die AfD im April hinter verschlossenen Türen gegründet. Von Storch weist eine rechte Unterwanderung dennoch zurück, verweist auf die Wählerschaft am Sonntag. Von der CDU, FDP und der Linken sei die gekommen. „Nicht von den Rechten.“ Die AfD dulde keine Rechtsextremen. „Und dabei bleibt es.“

Doch auch von Storch ist nicht unumstritten. Die Rechtsanwältin gilt als stramm konservativ, ist Mitgründerin des neoliberalen Thinktanks „Zivile Koalition“. Ein Mitglied auf der Wahlparty schimpft, ihn hätten an Wahlständen jedes Mal Berliner angesprochen: „Ich würde euch wählen, wenn ihr nicht diese Storch hättet.“ Deren reaktionäres Familienbild etwa könne man in Berlin einfach nicht mehr propagieren. Sein Gegenüber, ein Gartenbaumeister aus Potsdam, sieht das anders: „Ich bin nur wegen Frau von Storch und ihrem Blog in dieser Partei.“ Dort nimmt von Storch die EU-Krisenpolitik auseinander. Die Frau argumentiere klug, lobt der Mann. „Und sie hat ein Netzwerk, das uns weiterbringen wird.“

Die Zerrissenheit der AfD, sie zeigte sich schon kurz nach Gründung des Landesverbands. Nach nicht mal einem Monat zerlegte sich die Führung, drei Vorständler traten zurück. Nun, nach dem gescheiterten Bundestagseinzug, dürften die Konflikte wieder aufbrechen. „Jetzt gehen die Grabenkämpfe los“, heißt es immer wieder im Maritim.

Der Landesvorstand macht dagegen gute Stimmung. Man werde nun von außerhalb des Parlaments Druck machen, kündigt von Storch an. Und die EU-Krise werde sich ja verschärfen. Dann werde nicht mehr über Zypern gesprochen, sondern über Spanien und Italien. „Dann wird klar sein, dass die Rettungsgelder nicht reichen.“ Und dann wäre sie wieder da, ihre AfD.

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11 Kommentare

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  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "... weil es eben unterschiedliche Wertevorstellungen gibt."

     

    Du hast damit meine Erklärung der Bildung (in UNWAHRHEIT durch Staat & Kirchen) zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche bestätigt / bekräftigt!

     

    Es gibt da einen hübschen Kinderreim: "Dumm wird man nicht geboren, dumm wird man gemacht" - damit es immer so bleibt wie es war: "Und willste übern Rasen laufen, mußte dir ein Grundstück kaufen."

     

    Und was die Unterdrückungsmechanismen betrifft, da hast du in diesem Leben wohl sehr viel Glück gehabt, im Unterschied zur Mehrheit der Menschheit im TITITAINMENT für den "freiheitlichen" Wettbewerb um ...!? "Es lebe der Unterschied", das ist Zynismus, im Sinne von: Es lebe die KONFUSION!!!

  • AFD – Wahlausgang, wenn auch beachtlich, hätte man ohne Polarisierung locker die 5%ige Hürde genommen. Begriffe wie „Links“ oder „Rechts“ sind Schnee von gestern, warum solche Ablenkungsmanöver? Vielleicht gut, dass die 5% nicht erreicht wurden, denn so bleibt genügend Zeit, um sich auf ein breites, allen verständliches und ausgeglichenes Parteiprogramm bis zur nächsten Wahl vorzubereiten, ohne Flügelkämpfe. Wenn wir alle nichts mehr zu essen haben und das Luftholen auch noch besteuert wird, interessiert es niemand mehr, ob er rechts oder links verhungert. Zum Thema „Schuldenuhr“ braucht man nicht einmal das Abitur, nur einfachste Prozentrechnung und ein wenig gesunden Menschenverstand, bevor Deutschland Insolvenz anmelden muss.

    Leider fehlt mir die Plattform, um das einmal grundsätzlich vorzutragen, so die Presse- und Fernsehantworten auf meine schriftlichen Anfragen. Dafür habe ich die TAZ heute neu entdeckt. Ihr Beitrag im DLF KULTUR von heute Vormittag war glänzend.

    Mit besten Grüßen nach Berlin

    Wilhelm Roux

  • H
    Hallo?

    Die Grünen schafften es bei ihrem ersten Versuch im Gründungsjahr 1980 auf 1,5%. .

    Die SED-PDS-Linke schaffte es 1990 trotz des gigantischen, und top organiserten SED-Parteiapparates, freundlicher Westmedien, guter ARD-Helfer und eines Riesenvermögens nur auf 2,4%.

     

    So sollte man es mal betrachten. Die haben erst angefangen. Wer das nicht sieht ist blind.

  • R
    Realtor

    Der Artikel ist erneut unfassbar schlecht, da er dubiose Interpretationen von Begriffen vornimmt und versucht ein sehr einfaches Bild zu zeichnen, damit es ins "kleingeistige Weltbild" passt.

     

    Erstens ist Frau Storch alles, nur keine Neoliberale und auch nicht der Thinktank. Sondern national-konservativ mit dem Fokus auf dem Bürger und Volk (aus dem Status quo gedacht). Entgegen zweitens den anderen Parteien des Bundestags, die national-konservativ aufgrund der Staatsstruktur sind und deshalb Pro-Euro sind, egal was es das Volk kostet.

     

    Die Europa-Pläne hinsichtlich des Binnenmarkts und der Governance (Erziehen und Verwalten) aus der NS-Zeit sind im übrigen fast deckungsgleich mit denen der Grünen. Das nur mal dazu.

    • B
      boah
      @Realtor:

      "national-konservativ mit dem Fokus auf dem Bürger und Volk"

       

      ..und fast jeder zwanzigste idiot hat das angekreuzt.

      ich möchte bitte mein deutschland-abo abbestellen.

      • S
        Sabine
        @boah:

        Ich kann Ihnen versichern, dass ich keine "Idiotin" bin, wie Sie die WählerInnen der AfD so charmant umschreiben.

        ich war immer gegen die Einführung einer einheitlichen Währung in Europa, weil ganz klar die Gegebenheiten (einheitliche Wirtschaftspolitik) nicht vorhanden sind. Das Ergebnis aus 12 jahren Euro haben wir nun auf dem Tisch: den Ländern Südeuropas geht es wesentlich schlechter als vorher.

        Die AfD ist keine Antieuropa- Partei, jedoch eine Antieuro-Partei. Ich bitte den feinen Unterschied zu beachten.

        Ich bin sicher, dass die AfD nach diesem grandiosen ersten Wahlergebnis bei der Europawahl und bei den Länderwahlen punkten wird. Ich hoffe es!

        • 6G
          688 (Profil gelöscht)
          @Sabine:

          "... weil ganz klar die Gegebenheiten (einheitliche Wirtschaftspolitik) nicht vorhanden sind."

           

          Aber was eine einheitliche "Wirtschaftspolitik" für die "Gegebenheiten" bedeutet, daß würdest du also klar befürworten???

           

          Ich jedenfalls möchte absolut eine Welt- und Werteordnung mit einheitlicher Wirtschaft, usw.!!!

          • S
            Sabine
            @688 (Profil gelöscht):

            Das würde ich keineswegs befürworten.

            Eine Welt- und Werteordnung ist und bleibt Utopie, weil es eben unterschiedliche Wertevorstellungen gibt. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Kulturen mit jeweils eigener Existenzberechtigung, und das sollte auch so bleiben.

            Politik zu betreiben mit dem Ziel, eine globale Vereinheitlichung herzustellen, geht nur mit Hilfe von Unterdrückungsmechanismen und birgt Gefahren. Adolf Hitler wollte so etwas auch.

            Es lebe der Unterschied!

            • 6G
              688 (Profil gelöscht)
              @Sabine:

              "... weil es eben unterschiedliche Wertevorstellungen gibt."

               

              Du hast damit meine Erklärung der Bildung (in UNWAHRHEIT durch Staat & Kirchen) zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche bestätigt / bekräftigt!

               

              Es gibt da einen hübschen Kinderreim: "Dumm wird man nicht geboren, dumm wird man gemacht" - damit es immer so bleibt wie es war: "Und willste übern Rasen laufen, mußte dir ein Grundstück kaufen."

               

              Und was die Unterdrückungsmechanismen betrifft, da hast du in diesem Leben wohl sehr viel Glück gehabt, im Unterschied zur Mehrheit der Menschheit im TITITAINMENT für den "freiheitlichen" Wettbewerb um ...!? "Es lebe der Unterschied", das ist Zynismus, im Sinne von: Es lebe die KONFUSION!!!

  • G
    gerstenmeyer

    das waren überwiegend protestwähler-ich kenne deren programm nicht aber die dm wieder einzuführen ist absurd,das könnte nie funktionieren

  • D
    Dora

    Wieso sollen denn nur sie Älteren die AfD gewählt haben?

    Stimmt nicht! Die AfD hat in allen Altersgruppen einen ertsen Erfolg erzielt und die Altparteien das Fürchten gelehrt. Beim nächsten Mal werden sie im Bundestag vertreten sein. Ganz bestimmt.