■ Wahl der Parlamentspräsidenten: Ausweglose Zwickmühle
Der Konflikt war bereits am Wahlabend absehbar und bremste bei vorausschauenden Grünen bereits damals die überschäumende Freude über ihren Wahlerfolg. Einen Tag vor der Eröffnung des Parlaments zeichnet sich an der Frage, welche Parteien einen Vizepräsidenten stellen, immer noch keine Lösung ab. So berechtigt der Wunsch der erstarkten Bündnisgrünen auf einen solchen Sitz ist, so deutlich steht dagegen, daß sie hinter der PDS nur die viertstärkste Fraktion sind. Wäre es andersherum, so kann man sicher sein, wäre das Problem längst zugunsten von Bündnis 90/Die Grünen gelöst.
So aber sind auch die Grünen selbst in einer Zwickmühle: Von den anderen Parteien einen fairen Umgang mit der PDS einzufordern und gleichzeitig die PDS bei der Besetzung der Parlamentsvizepräsidenten auszutricksen, paßt bei aller in der Fraktion dazu vorhandenen klammheimlichen Bereitschaft denn doch nicht zusammen. So muß nach anderen Wegen gesucht werden, den eigenen Anspruch durchzusetzen und zugleich den Schwarzen Peter loszuwerden, die PDS-Kandidatin direkt aus dem Rennen geboxt zu haben. Der Vorschlag, alle KandidatInnen auf eine Liste zu setzen und dann gleichzeitig zu wählen, hätte den Charme, sich hinterher die Hände in demokratischer Unschuld waschen zu können. Diesen Gefallen aber werden CDU und SPD dem Bündnis 90/Die Grünen voraussichtlich nicht tun. Sie warten mit hämischer Freude auf den demokratischen Sündenfall der Grünen. Die Ankündigung, nicht direkt gegen die PDS kandidieren zu wollen, ist deshalb zwar schmerzlich für die Kandidatin Renate Künast, aber der einzige Ausweg. Manchem in der Partei wäre deshalb am liebsten, den Grünen würde ein Vorschlagsrecht verweigert. Dann könnte man wenigstens vor das Verfassungsgericht ziehen. Gerd Nowakowski
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