: Wagt Clinton Handelskrieg mit Japan?
■ Berater legen dem US-Präsidenten die Erneuerung von Handelsklauseln nahe, mit denen Sanktionen gegen Japan eingeleitet werden können / Ambitiöse US-Politik stößt in Tokio auf Unverständnis
Washington/Tokio (AFP/wps/ taz) – Noch in dieser Woche wird Bill Clinton wahrscheinlich die Schraube im Handelsstreit mit Japan weiter anziehen. Die Berater hatten dem US-Präsidenten am Mittwoch empfohlen, weitere Schritte zur Verhängung von Handelssanktionen einzuleiten. Damit steht Clinton vor der Entscheidung, ob er es nach den geplatzten Öffnungsverhandlungen mit Japans Premier Morihiro Hosokawa nun doch auf einen offenen Handelskrieg ankommen lassen will.
Die Clinton-Berater legen Wert darauf, daß die eigens als Verteidigungsmaßnahme gegen den Rivalen Japan ersonnene sogenannte „Super 301“-Klausel des US-Handelsgesetzes in einer verschärften Fassung erneuert wird. Diese Klausel, 1988 vom US-Kongreß für die Dauer von zwei Jahren verabschiedet, ermöglicht der Regierung, jene Länder zu benennen und mit Sanktionen zu belegen, die ihre Märkte gegen amerikanische Produkte abschotten.
In Regierungskreisen wird spekuliert, daß Clinton noch in dieser Woche eine Entscheidung treffen wird. Für die Erneuerung der Klausel „Super 301“ ist kein Parlamentsbeschluß mehr notwendig. Sie kann durch eine Anordnung des Präsidenten wieder in Kraft treten. Angesichts des gigantischen Handelsbilanzdefizits von 59,32 Milliarden US-Dollar verlangen die USA von Japan die weitere Öffnung seiner Märkte für amerikanische Produkte und werfen der Tokioter Regierung vor, vorangegangene Absprachen nicht einzuhalten. Bei dem Staatsbesuch Hosokawas Mitte Februar in Washington platzte Clinton schließlich der Kragen: Als die Formulierungen jenes Rahmenabkommens, das den US-Forderungen nach „objektiven“ Kriterien zur Bewertung der japanischen Marktöffnung für US-Produkte nachkommen sollte, weit hinter den Erwartungen zurückblieben, brach der Präsident die Verhandlungen ab. Das Abkommen sollte die Bereiche Autos, medizinische Geräte, Telekommunikation und Versicherungen umfassen. Vor allem bei Mobiltelefonen, wo Marktführer Motorola seit Jahren über schikanöse Handelspraktiken der Japaner wettert, wollte die Clinton- Administration ein Exempel statuieren und mit hohen Strafzöllen zurückschlagen. Doch nach dem Säbelrasseln ließ es Washington bisher an konkreten Beschlüssen fehlen. Japans Ministerpräsident Hosokawa forderte gestern die US- Regierung auf, eine „vernünftige Entscheidung“ zu treffen. Hosokawa hatte nach dem Treffen mit Clinton versprochen, schnell mit neuen Vorschlägen aufzuwarten. In einer Fernsehsendung sagte der Regierungschef nun, er habe ursprünglich eine Kabinettsumbildung geplant, die den wirtschaftlichen Reformen entspräche und auch die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Japan auf eine neue Grundlage stellen würde.
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