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Waffen in New York

New York (ap) — Will sich ein 16jähriger eine Schußwaffe besorgen, hat er damit in New York kaum Probleme: Er kann sie aus einer Schublade des Vaters holen, sie von einem Freund borgen oder sie ganz einfach im Lokal um die Ecke kaufen. Bemerkenswert eigentlich, denn in New York herrschen die schärfsten Gesetze der USA, was die Einschränkung von Waffenkäufen betrifft.

Doch dies hat nur zu einem blühenden Schwarzen Markt geführt, wie Polizeibeamte erklären. Und die Kundschaft wird immer jünger. Daran wurde die Öffentlichkeit in der vergangenen Woche wieder einmal erinnert, als ein Schüler in einer High School im Stadtteil Brooklyn zwei Mitschüler erschoß. Der Täter sagte aus, er habe die Waffe von einem Freund ausgeliehen. Ermittlungen ergaben, daß sie vor mehr als zwei Jahren aus dem Auto eines Wachmannes im benachbarten New Jersey gestohlen worden war.

Doch der größere Teil des Nachschubs für New York wird auf noch einfachere Weise in Gang gehalten. Die Revolver oder Pistolen werden in Staaten wie Virginia, Florida, Ohio oder Texas gekauft, in denen es kaum irgendwelche Beschränkungen gibt, und dann an die Ostküste geschmuggelt. Dort liegen die Preise zwischen 100 und 800 Dollar.

In New York muß ein Bürger, der eine Schußwaffe kaufen will, der Polizei eine Bescheinigung vorlegen, die einen triftigen Grund für eine derartige Aufrüstung angibt. Wer gegen diese Bestimmung verstößt, wird mit mindestens einem Jahr Gefängnis bestraft. Doch es ist ziemlich selten, daß jemand überführt wird.

Der Schwarzmarkt in New York wird bisher nicht von Unterweltgrößen beherrscht, laut Polizei wirkt er ziemlich unorganisiert. Auch werden die Schießeisen bisher nicht so offen angeboten wie Drogen. Doch jeder, der an Waffen interessiert ist, kann sich leicht eindecken. Unter den Interessenten sind immer mehr Kinder und Jugendliche.

Im Jahre 1985 mußten sich die Jugendgerichte der Stadt mit 118 Fällen befassen, in denen Einwohner unter 16 Jahren beschuldigt wurden, eine geladene Feuerwaffe besessen zu haben. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 750 solcher Fälle.

Peter Reinharz, ein Anwalt in Diensten der Stadtverwaltung, sagt, es handele sich um das Vergehen mit der weitaus größten Wachstumsrate in der Stadt: „Die Lage ist außer Kontrolle geraten.“ Die Polizei schätzt, daß in New York rund zwei Millionen illegale Schußwaffen existieren. Und sie hat außerdem die Erfahrung gemacht, daß eine Waffe, die einmal in die Stadt geschmuggelt wurde, auch dort bleibt.

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