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Archiv-Artikel

WOLFGANG MULKE ÜBER DIE UMVERTEILUNG IM SOZIALSTAAT Gerecht geht anders

Erstaunlicherweise funktioniert die Umverteilung im Sozialstaat noch ganz gut. Mit wachsendem Einkommen steigt auch der Finanzierungsanteil für die staatlichen Aufgaben und das Sozialsystem. Die These, die Reichen würden sich aus der Verantwortung stehlen, lässt sich daher nicht halten. Dies belegt nicht nur die jüngste Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Auch unverdächtige Experten kommen zu diesem Schluss.

Gerecht geht es dennoch nicht zu. Zwar werden die Spitzenverdiener in absoluten Beträgen am stärksten belastet. Prozentual nehmen die Abzüge für das Gemeinwohl jedoch mit jedem mehr verdienten Euro ab. Das ist vor allem gegenüber den Normalverdienern unfair, die im Vergleich viel stärker zur Kasse gebeten werden. Diese Schieflage könnte mit genügend politischem Willen beseitigt werden, den jedoch keine der potenziellen künftigen Regierungsparteien aufbringt. Eine Begradigung würde dennoch keines der wesentlichen Probleme lösen, zum Beispiel die zunehmende Armut.

Denn Umverteilung bedeutet nicht zwangsläufig, dass Geld von ganz oben nach ganz unten durchgereicht wird. Oft wird es nur in großen Schüben irgendwo anders wieder unter das Volks gebracht, bisweilen an der falschen Stelle. Eine Kinderförderung erhalten beispielsweise auch reiche Familien. Das Geld ist da, wird aber oft an die falschen Stellen verteilt.

Und darin liegt der große Mangel. Die beste Armutsbekämpfung besteht im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, also in Investitionen in die Bildung, in familienfreundlichere kommunale Strukturen und in die Hilfe zur Selbsthilfe derer, die auf sich allein gestellt nicht auf die Beine kommen. In diesem Sinne müsste die Umverteilung organisiert werden, damit es gerechter zugeht.